für eine radikale, dezentrale Energiewende

Im Sommer 2011 – drei Monate nach Fukushima – steht ein »Ausstiegsbeschluss«, der besser ist als der ehemalige rot-grüne Atomkonsens und viel besser als die schwarz-gelbe Laufzeitverlängerung, die nie Wirkung entfaltete.

Drei Faktoren waren dafür verantwortlich:

1.) Eine Anti-AKW-Bewegung, die seit dem Herbst 2009 eine stetig zunehmende Zahl von Menschen auf die Straße brachte und so ein gesellschaftliches Klima erzeugt hat, das den politischen Eliten jegliche Legitimation für ihren Atomkurs entzog. Das hat in zentralen Fragen zwar selten gestört, aber ...

2.) Kanzlerin Merkel und ihrem direkten Umfeld ist angesichts der vorstellbaren Folgen eines Super-GAU in Deutschland, wo freigesetzte Radioaktivität sich nicht einfach übers und ins Meer »verflüchtigt«, scheinbar tatsächlich ein Schreck in die Glieder gefahren. Eine Reaktorkatastrophe in Deutschland hätte gravierendere Zerstörungen zur Folge als der II. Weltkrieg – und würde das Ende der »glorreichen« Exportnation bedeuten.

3.) Die zur Verabschiedung anstehenden Gesetze bedienen zuvörderst das große Energiekapital (Off-Shore, Netzausbau etc.) und eröffnen ihm Marktchancen weit über den deutschen Markt hinaus. Bei Regenerativen und Effizienztechnologie will sich Deutschland nicht von den Chinesen abhängen lassen.

Für die Anti-AKW-Bewegung ergibt sich daraus eine veränderte Situation:

Die medial gestützte Konsensmaschinerie wird es in der nächsten Zeit schwer werden lassen, erneut zu Massenprotesten gegen die noch laufenden AKW zu kommen. Punktuelle Aktionen werden wieder in den Vordergrund rücken (z.B. Castor im November 2011).

Wichtiger aber könnte werden, die »Energiewende« vor allem dezentral voranzubringen. Dazu müssen lokale Klimaschutz- und Energiewende-Bündnisse entstehen. Hier sollten sich die Menschen verstärkt einmischen, die zuletzt gegen die Atomanlagen auf die Straße gegangen sind. Wie in jeder sozialen Bewegung geht es darum, sich kompetent zu machen und vor Ort Leute zusammenzubringen, die gemeinsam einen Teil ihrer Zeit in das gesellschaftliche Projekt der »Energiedemokratie« stecken wollen, d.h. in eine Wende weg von Konzernmacht und Zentralisierung im Energiesektor. Deswegen: ja zur Dezentralisierung, nein zu Großprojekten wie Desertec und gigantischen Offshore-Windparks, die vor allem massive staatliche Subventionsprogramme für den Versuch der großen vier Stromkonzerne wären, den erneuerbaren Sektor unter ihre Kontrolle zu bringen.

Und noch ein Aspekt ist wichtig, den die Berliner Gruppe »gegenstrom« so beschreibt: „Unsere Energiewende kann keine sein, die sich damit zufrieden gibt, den wahnsinnigen Wachstumszwang der Weltwirtschaft einfach nur mit anderen Energien zu füttern. Wenn wir die Klimakrise abwenden, und den Energiesektor ökologisch umbauen wollen, muss der gesellschaftliche Energieverbrauch drastisch sinken. Keine soziale und ökologische Energiewende ohne Wachstumskritik.“

Ein Celler AKW-Gegner