Sonnwendfeier bei Joachim Nahtz in Eschede

Seit Jahren sind die jährlichen Sonnwendfeiern bei Nahtz ein Anlaufpunkt der Naziszene aus ganz Norddeutschland, Jung und Alt trifft sich auf dem maroden Hof, um gemeinsam zu feiern und sich zu vernetzen.

Nachdem letzten Winter keine Sonnwendfeier stattfand und sich zum Jahresende die Celler Kameradschaft 73 auflöste, aber sofort eine neue Gruppe »Freie Kräfte Celle« bildete, war die diesjährige Sonnwendfeier aus Antifa-Sicht recht interessant. War noch die K73 sehr aktiv an der Gestaltung der »Feiern« bei Nahtz, so war unklar, ob die neue Gruppe sich an solch Brauchtumsfeiern beteiligt oder sich weiterhin dem eher jugendlichen Lifestyle hingibt.

Der Sommeranfang ist damit auch immer fester Termin für die Gegner_innen der Nazitreffen. Diesmal hatte der Escheder Arbeitskreis, der sich von »AK gegen Extremismus« in »AK für Demokratie und Menschrechte « umbenannt hat, die Gegendemonstrationen angemeldet. Da lange Zeit unklar war, wann die Nazis feiern, wurde sowohl für den 18. als auch für den 25. Juni eine Demo angemeldet. Eine völlig neue Situation war, dass den Aufruf für die Demos über 30 Gruppen und Einzelpersonen unterzeichneten, regionale Bündnisse gegen Rechts, Antifagruppen, Parteien, Kirchen, Gewerkschaft, VVN und Attac sowie einige Einzelpersonen. Ein weiteres Novum war, dass der Auflagenbescheid, den der Landkreis erlassen hatte, längst nicht so umfangreich war, wie in Eschede sonst üblich - sogar die Route wurde nicht eingeschränkt.

Anfang Juni war eine Gruppe Neonazis auf dem Hof Nahtz anwesend und räumte dort auf, nach deren eigenen Angaben für die Sommersonnwendfeier am 25.06.

Diese Info deckte sich mit Einschätzungen der Antifa, so dass das Hauptaugenmerk auf die Demo am 25. Juni gelegt wurde. Am 21. Juni lud dann noch die NPD Lüneburg zur Sonnwendfeier am 25. Juni ein. Die Demo am 18. war dann sozusagen das »warmup« für das folgende Wochenende. Ca. 80 Nazigegner_ innen zogen durch Eschede; es wurden Redebeiträge gehalten, die über das Treiben bei Nahtz aufklärten, der historische Bezug zur NS-Zeit wurde erläutert und neben anderen Themen wurde auch wieder auf die Tötung von Peter Deutschmann im Jahr 1999 durch zwei Escheder Neonazis hingewiesen und das Mahnmal eingefordert. Und es wurde für den 25. Juni mobilisiert.

Diesem Aufruf folgten dann auch gut 100 Menschen, wobei der Streik der Lokomotivführer_innen der Mobilisierung organisierter Antifa-Gruppen aus Niedersachsen allerdings einen Strich durch die Rechnung machte. Da mehrere Züge nicht nach Eschede fuhren, konnten rund 150 Antifas nicht anreisen. Auch wenn dies ärgerlich war, so ist der Streik der GDL legitim und die Forderungen unterstützenswert. Die Teilnehmer_innen kamen zum größten Teil aus dem Landkreis Celle. Auffallend war diesmal, dass wesentlich mehr Menschen aus Eschede dazu kamen. Hier ist das gemeinsame Bündnis auf dem richtigen Weg.

Für dieses Jahr hatten sich die Versammlungsbehörde und die Polizei für den Demoverlauf etwas Neues ausgedacht. Sie wollten die Landesstraße am Nachmittag komplett sperren und nur die Demo in den Bereich lassen. Dagegen klagte allerdings der Nazi Marcus Winter aus Minden, und so wurde die Demo zwischen 14.30 und 16 Uhr wieder von der Landesstraße verbannt. Jetzt sollten die Nazis in diesem Zeitraum zu ihrer Veranstaltung anreisen dürfen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg schränkte somit das Versammlungsrecht zugunsten der Nazis ein. Allerdings zeigte sich am Nachmittag, dass es Marcus Winter nicht um die Anreise seiner braunen Kameraden ging, sondern nur um eine Behinderung der Demonstration gegen die Nazis. Zwischen 14.30 und 16 Uhr kamen dort nur fünf Fahrzeuge mit Nazis an. Der Großteil der Neonazis reiste erst am frühen Abend an. Somit diente die Klage und die Entscheidung des VG Lüneburg nur dazu, die Demo zu blockieren. Die Polizei musste die Demo deshalb bis 16 Uhr auf der Zufahrtsstraße zur Landesstraße aufhalten, obwohl es keinen Anreiseverkehr durch Nazis gab. - Erst nach 16 Uhr ging es dann weiter und die Demo zog zur Kreuzung Hermannsburger Straße / Zum Finkenberg. Dort hatte die Polizei die Straße mit »Hamburger Gittern« verengt und den Zugang zum Zufahrtsweg zum Hof Nahtz abgeriegelt. Außerhalb der Ortschaft aber auf der Landesstraße fand dann eine Kundgebung statt.

An der Veranstaltung der Nazis bei Nahtz beteiligten sich rund 150 Personen, von denen mehrere ihre Kinder mitbrachten. Wegen der Straßensperrung begann die Veranstaltung diesmal erst am späten Nachmittag und das Programm musste im Schnelldurchlauf durchgeführt werden. So vertrieben sich einige Nazis mit Sackhüpfen, Tauziehen und peinlichen Männlichkeitsritualen die Zeit.

Noch im Hellen wurde das Sonnenwendfeuer entzündet. Diesmal bestand es aus mehreren kleinen Feuern, da durch eine neue Gemeindeverordnung das Abbrennen von großen Feuern untersagt wurde.

Die Nazis waren aus mehreren Bundesländern angereist; etwa 25 Personen bewachten schon ab Freitag an den Hof.

Zwischenzeitlich bestand die Befürchtung, dass an diesem Abend in Eschede noch ein Rechtsrockkonzert mit der Naziband »Kategorie C« stattfinden könnte. Dieses sollte ursprünglich in Wunstorf über die Bühne gegen, wurde aber auf Grund von Protesten abgesagt. Organisator dieses Konzerts war auch Markus Winter und da dieser sich in Eschede juristisch für die »Freie Fahrt für Nazis« stark machte, bestand der Verdacht, dass er auch das Konzert nach Eschede verlegen könnte. Dies hat sich dann aber letztlich anders entwickelt.

Die rechte Szene hatte einen sogenannten Schleusungspunkt an der Autobahnraststätte Allertal eingerichtet. Von dort sollte es in Kolonne nach Stuckenborstel bei Bremen zum Konzert gehen. So wollte man ein Einschreiten der Polizei verhindern. Doch die Beamten waren schneller. Sie hatten herausgefunden, dass das Konzert dort in einer Gaststätte stattfinden sollte. Der Auftritt wurde untersagt und das Konzert verhindert, da die Veranstalter keine ordnungsgemäße Genehmigung vorlegen konnten.

Auch wenn in Eschede die Teilnehmer_innenzahl der Demonstration gegen die Nazitreffen hinter den Erwartungen geblieben ist, was ungewollt am Streik der GDL lag, wurde dennoch eine Basis für zukünftige Aktionen in Eschede gelegt. In diesem Jahr finden voraussichtlich noch zwei weitere Nazitreffen dort statt. Auch hier wird es dann wieder antifaschistische Aktionen geben.