Ungültiger Bebauungsplan?

Anfang September hat die Celler Land Frischgeflügel GmbH & Co. KG am Standort Wietze die Produktion aufgenommen. Die Hähnchenverarbeitung findet zunächst an einer Produktionslinie im Einschichtbetrieb statt. 325 Leute werden in der Verarbeitung, der Verpackung und in der Lagerwirtschaft beschäftigt, darüber hinaus wurden auch LKW-Fahrer und Mitarbeiter in der Verwaltung, der Qualitätssicherung und im technischen Bereich eingestellt. Innerhalb von rund zwölf Monaten entstanden auf dem 15 Hektar großen Grundstück neben der Verarbeitungsanlage auch Verwaltungsund Sozialgebäude. Zudem wurde die Verkehrsinfrastruktur für die Arbeiter_innen und die an- und abliefernden LKW geschaffen sowie ein betriebseigenes Klärwerk errichtet.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Christian Meyer sieht in der Produktionsaufnahme in dem neuen Megaschlachthof den eiligen Versuch, Fakten zu schaffen. „Den zahlreichen Kritikern soll der Wind aus den Segeln genommen werden. Noch sind zwei aussichtsreiche Klagen gegen den fehlerhaften Bebauungsplan und gegen die vom Land erteilte Genehmigung vor Gericht und können ein frühzeitiges Aus bedeuten“, sagte der Grünen-Politiker. Meyer kritisierte, dass die Landesregierung sich daran beteiligt, mit allen „Tricks und Finessen“ Landwirte für die unrentablen und gesellschaftlich nicht mehr akzeptierten Geschäfte mit Hühnerfabriken anzuwerben.

Der Grund dafür sei in der Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen Landtagsfraktion zu den Förderbedingungen zu lesen. Demnach muss der Schlachtkonzern Rothkötter bis Ende 2012 ausreichende Verträge mit über 400 Großmästern nachweisen – ansonsten müsse die 6,5 Millionen Euro schwere Landesförderung für Wietze zurückgezahlt werden.

Es sei „hochgradig fraglich“, ob der von der Landesregierung geförderte Hühnerschlachthof an der A7 überhaupt eine Zukunft hat. „Der Selbstversorgungsgrad bei Hähnchen liegt inzwischen in Deutschland bei weit über 100 Prozent. Der Export ist nur zu tierquälerischen und gesundheitlich bedenklichen Bedingungen möglich. Massenhafte Qualhaltung hat keine Zukunft, wird vom Verbraucher abgelehnt und überlebt nur durch staatliche Subventionen“, sagte der Grünen-Politiker.

Antrag auf Normenkontrolle in Sachen Bebauungsplan gestellt

Mit Unterstützung der Bürgerinitiative Wietze hat ein Privatkläger Antrag auf Normenkontrolle beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht gestellt. In diesem Zusammenhang weist die BI-Wietze darauf hin, dass der Bebauungsplan W-25 Sondergebiet Trannberg mit der Teilplanaufhebung W-17 der Gemeinde Wietze beachtliche rechtliche Fehler aufweist. Diese objektiven Mängel machen den veröffentlichten Bebauungsplan unwirksam. So liegt nach wie vor keine ausgefertigte Planurkunde zum Bebauungsplan vor. Das hätte noch vor der Planauslegung im vergangenen Jahr erfolgen müssen. Im Umweltbericht zum Bebauungsplan fehlen relevante Sachverhalte. So wurde zum Beispiel das Schutzgut Mensch nicht berücksichtigt. Eine Reihe weiterer Rechtsfehler liegt vor.

Wasser kaputt?
Luft kaputt?
Boden kaputt?
Gesundheit kaputt?

Macht nix?
Dann Schlachthof her.
Macht was? Dann weniger Fleisch essen.
Ganz einfach.

Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans, von der die BI-Wietze sicher ausgeht, hat auch Auswirkungen auf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Geflügelschlachthof. Diese Genehmigung benötigt nämlich einen wirksamen Bebauungsplan als Grundvoraussetzung. Vor diesem Hintergrund fordert die Bürgerinitiative Wietze e.V. das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg auf, die Betriebsgenehmigung für den Schlachthof in Wietze nicht freizugeben, bis abschließende Gerichtsentscheidungen vorliegen.

Vor diesem Hintergrund hat auch der NABU in seinem Klageverfahren gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine Ergänzung seiner Klagebegründung vorgelegt. Nach der Einschätzung des NABU Niedersachsen ist der der Genehmigung zugrunde liegende Bebauungsplan nichtig. „Einen gültigen Bebauungsplan gibt es nicht. Aus diesem Grunde fehlt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zurzeit das rechtliche Fundament, so dass sie sich als rechtswidrig darstellt. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt ist daher nach unserer Rechtsauffassung aufgrund seiner Bindung an Recht und Gesetz eigentlich gehalten, einen Betrieb des Geflügelschlachthofes zu untersagen“, erklärte der NABU-Landesvorsitzender Holger Buschmann.