Wahlergebnisse in der Stadt - CDU schmiert gewaltig ab

Für autonome Linke ist jede Wahl ernüchternd, die Ergebnisse lassen sich nicht einmal »schön trinken«. Das mussten die Mitglieder der Linken und die Freunde des BSG am Wahlabend feststellen. Denn mehr als die zusammengerechneten 5 Prozent waten schon erhofft worden. Aber wie immer bei Wahlen lassen sich auch positive Aspekte abgewinnen: Mit Behiye Uca für Die Linke ist eine Kurdin im Stadtrat und mit Oliver »Bürger « Müller für das BSG ein dem linken Milieu »verwandter « Alternativer in den Stadtrat eingezogen. Mehr als nichts und eine repräsentative und vielleicht auch interessante Konstellation, wenn sich die beiden zu einer Fraktion zusammenschließen.

Als Gewinnerin darf sich die SPD fühlen, die fast die meisten Stimmen erhalten hätte – im Endeffekt aber auf den 13 Sitzen hängen bleibt die sie seit gefühlten 30 Jahren im Rat hat. Die CDU hat sie zwar nur noch um gut 300 Stimmen, sprich 100 Wähler_innen toppen können, aber: Das brachte ihr einen Sitz mehr. Das dürfte auch die CDU noch als positiv verbuchen, denn ihnen sind die 10 % der Stimmen flöten gegangen, die Die Unabhängigen erzielten. Die ziehen mit vier Abgeordneten ein.

Trotz guter Zugewinne und dem erstrebten Platz 3 dürften die Bündnisgrünen unterm Strich enttäuscht sein, denn trotz guter bundesweiter Konjunktur gewannen sie gegenüber 2006 nur einen Sitz hinzu. Positiv ist anzumerken, dass bei ihnen 4 der 5 Mandatsträger Frauen sind.

Die FDP hat – wie zu erwarten – kräftigt verloren und hat mit gut 4 % nur noch zwei Sitze. Die WG hat ebenfalls zwei Sitze gewonnen, aber ihr Ergebnis gegenüber 2006 um einen Sitz verbessert.

Zu der Mehrheit links der Mitte – wie es Willy Brandt mal nannte – reicht das Ergebnis nicht. Aber auch das konservative Milieu hat angesichts der tiefen Gräben zwischen CDU und Unabhängigen kaum Chancen eine tragfähige Mehrheit zusammen zu bekommen. Also bleibt alles, wie es zuletzt war: CDU und SPD werden sich über den Kurs in der Kommunalpolitik verständigen und dem OB die »verlässliche Mehrheit « verschaffen, die er sich auf Plakaten gewünscht hat.

Was ist also neu? Immerhin die Hälfte aller Ratsmitglieder - und das ziemlich gleichmäßig verteilt über alle Fraktionen. Mit Behiye Uca ist erstmals ein Mitglied der kurdischen community in den Rat gewählt. Das hätte mehr werden können, wenn Die Linke bzw. das BSG mehr Stimmen erhalten hätte – beide hatten einen 45 %-igen Anteil von Kandidat_innen mit Migrationshintergrund; im Unterschied zum Beispiel zu den Bündnisgrünen die niemanden mehr aufzuweisen hatten.

Der Anteil der Frauen im Rat steigt von 12 auf 15. Zunächst werden aber wohl noch einmal die alten Männer in den Ring steigen: Gevers, Rejmann, Falkenhagen, Hörstmann. Aber deren Ablösung ist mittelfristig in Sicht.

Was könnte die Wahl bringen hinsichtlich einer tatsächlich nachhaltigen Politik? Wenig. Es gibt kaum jemanden, die/der in der Lage oder bereit wäre mit dem Wachstumsparadigma zu brechen.

Immerhin dürfen wir von »Bürger« Müller erhoffen, dass er die alte Garde häufiger Mal mit produktiver Alltagsvernunft nervt. – Ach so: Für alle die meinen, auf ihre Stimme käme es nicht an. 56 Stimme (= 20 Wähler_ innen) weniger für das BSG und »Bürger« Müller könnte weiter seinen Hobbys nachgehen.

Wahlergebnisse im Kreis Klare Mehrheit für die Reaktion

Es ist ein Trauerspiel: Da macht der Landkreis mit Unterstützung von CDU/FDP/WG seit Jahren eine grunzreaktionäre Politik – Schulstrukturreform, Sozialpolitik, Schlachthof – und ... sie bekommen dafür ein klares »Weiter so!» vom »Wahlvolk«.

Die CDU verlor 3,9 %-Punkte, die FDP 5,3 – während Grüne 5,1 % und die WG 3,8 %-Punkte zulegten. Die SPD gewann nichts hinzu. Sie scheiterte so gesehen komplett mit ihrem Kurs der Anbiederei und Ambivalenz gegenüber Wiswes Kurs.

CDU (24), FDP (3), WG (5) bringen eine bequeme Mehrheit von 32 der 58 Sitze zusammen, so dass man sich sogar jeweils einzelne Abweichler leisten kann.

Die Opposition geht nur leicht gestärkt hervor: die SPD gewann drei Sitze hinzu (jetzt 18), die Grünen 3 (jetzt 7), während Die Linke zwar einen Sitz gewann, aber da das BSG im Kreis nicht kandidierte, jetzt mit der Einzelabgeordneten Behiye Uca dasteht.

Wietze: Juretzko scheitert

Letztlich war das Thema Massentierhaltung und Schlachthof weder in Wietze, noch im Flotwedel ein wahlentscheidendes Thema. In Wietze heißt der neue Bürgermeister wie der alte: Wolfgang Klußmann – und er ist ein klarer Befürworter des Schlachthofes. Er erhielt 64,5 %. Der erklärte Schlachthofgegner Norbert Juretzko kam mit 11,4 % nur auf den dritten Platz. Selbst der meinungslose SPD Kandidat Tobias Oehler bekam mit 24,1 % mehr Zustimmung. Die Kandidatur Juretzkos dürfte so – unterm Strich – der Bürgerinitiative deutlich mehr geschadet, als genutzt haben. Denn hochgejazzt zu einem Bürgervotum um den Schlachthof hat Wietze jetzt ein Ergebnis. Und mit 62 % war sogar die Wahlbeteiligung ziemlich hoch.

Die von BI-Mitgliedern gegründete Wählergemeinschaft erhielt für den Wietze Gemeinderat 6, 8 % und zwei Sitze (einer für Juretzko); die Bündnisgrünen bekamen 10,6 % und ebenfalls zwei Sitze.

Flotwedel: BI-Vorsitzender im SG-Rat

In den Samtgemeinderat Flotwedel zog der Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen Massentierhaltung, Thorsten Müller auf der Liste der Grünen ein – von Listenplatz 8 nach vorn gewählt. Die Grünen kamen auf 12,5 %, immerhin 8,6 % mehr als 2006. Aber was nutzt es? Die CDU erreichte mit ihrem Bekenntnis zu Massentierhaltung (siehe S. 15) 51,7 % und die Mehrheit der Sitze. Vielleicht aber kommt die Bürgerinitiative künftig so besser an Verwaltungsinformationen.

Schulstrukturreform

Dass die Schulstrukturreform im Wahlkampf keine Rolle spielte, dürfte vor allem dem nicht nachvollziehbaren Verhalten der SPD-Kreistagsfraktion geschuldet sein. Denn die stimmte im Kreistag der Umstrukturierung zu und wollte nur die Stadt Celle anders behandelt wissen. Aber wenn die Oberschule pädagogisch für Winsen taugt, bleibt eher unklar, warum es für Celle schlecht ist.

Immerhin wehrt sich die Stadt (mit Unterstützung der CDU-Fraktion) juristisch dagegen, dass ihr ohne Abstimmung Oberschulen aufgedrückt werden sollen, die zu nichts anderem taugen, als die frühe Selektion einfach nur den sinkenden Schüler_innenzahlen anzupassen. Der rein technokratische Ansatz wird in Celle besonders deutlich. Die Oberbeschulung soll nicht einmal in einem Gebäude erfolgen, sondern die Oberschule Burgschulzentrum soll die Klassen 5 und 6 in der Blumläger Schule haben, und die Oberschule in der Heese eine ebensolche Außenstelle in Westercelle.

Nix für Neonazis

Was Gutes hatte die Wahl vielleicht doch: Die NPD trat nicht an. Köhlers Sozialpatriotisches Bündnis gibt’s nicht mehr (er sitzt jetzt für die CDU in den Parlamenten). Der stille »Republikaner« Klaus Schaa ist nach 10 Jahren nicht mehr im Stadtrat. Rausgeflogen ist auch der Rechtsaußen Frank Pillibeit, der jetzt nur noch im Altenceller Ortsrat das »Volk« mit seinen Hygienevorschlägen beglücken darf. Tun wir mal so, als sei es ein Erfolg der antifaschistischen Arbeit vor Ort.