Transporte aus Dänemark & Gefahr durch MRSA-Keime
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bezweifelt die Angaben des niedersächsischen Wirtschaftsministers Jörg Bode, wonach der Geflügelkonzern Rothkötter für seinen Mega-Schlachthof in Wietze (bei Celle) lediglich zu einem Prozent auf Masthühner- Lieferungen aus Dänemark zurückgreift. Informationen von Brancheninsidern zufolge habe Rothkötter für seinen unausgelasteten Schlachthof etwa 40 dänische Mäster beim dortigen Geflügelkonzern Rose Poultry abgeworben. Sollten diese Angaben zutreffen, wären dies – bezogen auf den Schlachthofbedarf in der ersten Ausbaustufe – etwa 40 Prozent der Tiere. Nach Einschätzung der AbL kommen viele Tiere für Rothkötters Schlachthof in Wietze ohnehin aus Regionen außerhalb eines Umkreises von 100 – 150 Kilometern, der nach Ansicht von Experten noch rentabel hinsichtlich der Transportkosten sei. Rothkötter habe mangels Interesse der allermeisten Landwirte schließlich seine Werbeanstrengungen auf Schleswig-Holstein und auch auf Dänemark ausdehnen müssen.
AbL-Agrarindustrie-Experte Eckehard Niemann verwies darauf, dass die allermeisten Landwirte den Einstieg in eine konzernabhängige, gesellschaftlich inakzeptable Qualhaltung in Agrarfabriken mit ihren bedenklichen Geruchs- und Keim-Emissionen ablehnten. Zudem habe der Verdrängungswettbewerb der Geflügelkonzerne zu einer dramatischen Überproduktion und damit zu weitgehend ruinösen Verhältnissen geführt. „Wegen der Überproduktion und der gestiegenen Kosten für Futtermittel, Stallbau und Genehmigungs-Gutachten verdient nach unseren Berechnungen kaum ein Neueinsteiger in diese Branche auch nur einen Cent“, so Niemann, „viele Mäster werden in den nächsten Jahren sogar viel Geld dazulegen müssen.“
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordert angesichts der neuerlichen Untersuchungsergebnisse des BUND über die massive Belastung von agrarindustriell erzeugtem Masthühnerfleisch mit den antibiotikaresistenten Keimen MRSA und ESBL eine rasche Abkehr von der Geflügel- und auch der Schweinefleisch-Erzeugung in Agrarfabriken. Der niedersächsische AbL-Vorsitzende Martin Schulz verwies auf Untersuchungen und Berichte der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Robert-Koch-Instituts (RKI), wonach diese Keime in Ställen mit artgerechter Haltung nicht gefunden wurden, es einen engen Zusammenhang mit dem Antibiotika-Einsatz gebe und die Keimbelastung mit der Größe der Anlagen deutlich ansteige.
So verdoppele sich die Zahl keimbelasteter Betriebe auf 63 %, wenn statt 500 Mastschweinen 1.000 oder mehr Tiere gehalten würden. Nach Einschätzung der AbL dürfte die Keimbelastung in Agrarfabriken oberhalb der Grenzen des Bundes-Immissionsschutz- Gesetzes, also oberhalb von 1.500 Schweinemastplätzen, 560 Sauen oder 15.000 Geflügelplätzen, noch drastisch ansteigen. Betroffen von der Keimbelastung seien nicht nur Landwirte und Tierärzte, sondern auch Anwohner von Agrarfabriken. Untersuchungen der Universität Utrecht hätten über eine Entfernung von 1.000 Meter hinaus eine bedenklich Konzentration von Feinstaub und Keimen ergeben.
AbL-Sprecher Schulz forderte zugunsten einer artgerechten und gesunden Tierhaltung in mittelständischbäuerlichen Betrieben ein rasches Verbot des Neubaus von Agrarfabriken, den EU-weiten Erlass neuer Tierhaltungsvorschriften und ein Programm zur Unterbindung des Antibiotika-Missbrauchs in der Tiermast.
Die BI Wietze wies im Januar ergänzend darauf hin, dass die Bundesregierung im Oktober 2010 die Gefahren der aufgrund des hohen Antibiotikaeinsatzes während der Hühnermast entstehenden resistenten Keime (MRSA) für die dort arbeitenden Menschen wie folgt einschätze: Studien hätten gezeigt, dass Beschäftigte in landwirtschaftlichen Nutztierbeständen deren Tiere Träger von MRSA Bakterien sind, einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind an MRSA Bakterien zu erkranken. Ein ähnliches Risiko gilt auch für Beschäftigte in Schlachthöfen, die Umgang mit lebenden Tieren vor der Schlachtung haben.
Auch die seit November 2011 vorliegende niedersächsische Studie, bestätigt, dass in 83 % der Hähnchenmastbetriebe bis zu acht verschiedene Sorten Antibiotika eingesetzt werden. Je höher die regionale Tierdichte ist, desto häufiger wird Antibiotika eingesetzt. Und das führt zur „Züchtung“ resistenter Keime.