Kommt die Umwandlung der Oberschulen in Gesamtschulen?

Die Schullandschaft in Stadt und Landkreis Celle steht nach der Einführung der Oberschulen vor fünf Jahren vor einem weiteren Umbruch. Wie sich zuletzt abzeichnete, sind die Beharrungskräfte seitens der konservativen Parteien wie auch einiger Schulleitungen aber so stark, dass für eine große Lösung die politischen und gesellschaftlichen Mehrheiten fehlen.

Historisch ist das fast anachronistische Festhalten der CDU am dreigliedrigen Schulsystem und ihre – in diesem Fall wirklich so zu nennende – ideologische Abwehrhaltung gegen Integrierte Gesamtschulen der Grund für die erneute Debatte.

Entgegen aller politischen Vorbehalte von der rechten Seite des politischen Spektrums hat sich die vor zwei Jahren nämlich als äußerst attraktiv erwiesen. Zu attraktiv: Die Nachfrage nach Schulplätzen an der Gesamtschule Celle ist seit der Einführung zum Schuljahr 2014/15 jährlich gestiegen. Trotz einer Sechszügigkeit zum Schuljahr 2015/16 war mit rund 280 Anmeldungen die Durchführung eines Losverfahrens erforderlich und führte zwangsläufig zu Ablehnungen.

Die Kreisverwaltung hat im vergangenen Jahr die „Planungsgruppe Bildung und Region“ mit der Erstellung eines Gutachtens betraut und darauf basierend im März einen Vorschlag vorgelegt. Dieses läuft darauf hinaus, Elternbefragungen zur Feststellung des Bedarfs an einer Gesamtschule im Nordkreis (Bergen, Südheide, Faßberg), im Südkreis (Wathlingen, Flotwedel) und im Westkreis (Hambühren, Wietze, Winsen) durchzuführen – und „die Verwaltung zu beauftragen, Möglichkeiten zur Erweiterung der Zügigkeit der Gesamtschule in Celle unter Berücksichtigung einer Standortverlegung des Gymnasiums Ernestinum zu prüfen und vorzuschlagen.“

In der Schulausschusssitzung des Landkreises im März wurde dieser Beschlussvorschlag von CDU und WG torpediert; weitere Gespräche – insbesondere mit den Schulleitungen – seien erforderlich, so die Argumentation. Ein Problem war in der Tat, dass das Gutachten zu diesem Zeitpunkt der Öffentlichkeit und auch den Kreistagsmitgliedern noch nicht vorlag.

Das Gutachten selbst befasst sich im Kern mit zwei Fragen: Wie kann der Landkreis Celle dem Elternwillen gerecht werden? Und wie ist eine entsprechende Umstrukturierung angesichts der bestehenden Strukturen – insbesondere auch hinsichtlich des vorhandenen Raumangebots – umsetzbar. Die „große Lösung“ so die Empfehlung des Gutachten bestünde in der Umwandlung aller Oberschulen im Landkreis in Gesamtschulen. Zur Wirkung heißt es:

„Die "große Lösung" bietet den Vorteil für die Standorte außerhalb der Stadt Celle nachhaltig und langfristig eine Standortsicherheit zu garantieren und gleichzeitig innerhalb der Stadt Celle eine Entspannung der Schülerzahlen zu bewirken - was angesichts der Raum- und Sporthallensituation auch notwendig ist. Dadurch könnten die bestehenden Raumfragen im Bestand geklärt und ohne Neu- oder Anbauten gelöst werden. Der zeitgerechte Umstieg in die Richtung eines eher nur noch zweigliedrigen Schulformsystems entspräche dem bundesweiten Trend und ist dem Landkreis Celle unter anderem als Konsequenz der Schulentwicklungsplanung von 2011 zu empfehlen.“

Der größte Widerstand kommt allerdings aus der Stadt. Denn im Gutachten wird folgendes vorgeschlagen: Die Oberschule 1 in der Heese wird mittelfristig geschlossen. In deren Raumkapazitäten zieht das Gymnasium Ernestinum um. Und die durch den Umzug des Ernestinum freiwerdenden Räumlichkeiten im Burgschulzentrum werden gänzlich von der IGS übernommen, die eine größere Oberstufe auch dadurch erhält, dass hierhin jene Gesamtschulschüler*innen aus dem Landkreis wechseln sollen, die das Abitur anstreben. Zusätzlich soll die OS Westercelle einen gymnasialen Zweig bekommen.

Der Vorschlag der Verwaltung geht in der Tendenz in diese Richtung. Woher kommen die Widerstände? Dass das Kollegium der OS 1 und die Schüler*innen der unteren Jahrgangsstufen und ihre Eltern, das „Auslaufen“ der Schule ablehnen, ist selbstverständlich. Die Lehrer*innen müssten mittelfristig den Arbeitsplatz wechseln. Und auch für die Schüler*innen wäre ein Schulwechsel nicht ganz aus der Welt – in jedem Fall aber eine Veränderung ihres Umfelds in den letzten Schuljahren. Das Ernestinum ist sowieso Celles gymnasialer Wackelkandidat. Die Unsicherheit eines Umzugs kann sich auf die Anmeldezahlen auswirken. Zudem hat es gelegentlich den Anschein, das Selbstbild als „Traditionsgymnasium“ macht Veränderungen besonders schwer.

Quelle: Wolf Krämer-Mandeau, Georg Heller: Schulentwicklungsplan Landkreis Celle, Bonn 2016.

Foto: Bernd Schwabe, Hannover (CC BY 3.0)