Proteste bei der Rheinmetall-Hauptversammlung

Friedensbewegung, Kritische Aktionär*innen, die Oppositionsparteien Linke und Grüne – alle brachten sie Mitte Mai ihren Protest gegen die Rüstungsexportstrategie der Rheinmetall AG lautstark zum Ausdruck. Anlass war die Hauptversammlung des Konzerns in Berlin. Wir dokumentieren Auszüge aus den Reden.

Christine Hoffmann, pax christi:

„Während weltweit 60 Millionen auf der Flucht sind, Bürgerkriege und Kriege die größte Fluchtursache sind, verdienen einige wenige am Krieg. Der Vorstandsvorsitzende der Rheinmetall AG, Armin Papperger verdient sich mit Rüstungsexporten eine Goldene Nase – damit ist er ein Profiteur des Todes. Er gehört zu den sieben großen, deren goldene Nase die „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ am 26. Februar vor den deutschen Bundestag gestellt hat, denn Rüstungsexporte werden von der Bundesregierung genehmigt. Der Name Papperger stehe wie kein zweiter für die Weiterentwicklung der Defence-Sparte. Unter seiner Regie sei die Internationalisierung des Geschäfts maßgeblich vorangebracht worden – so schreibt Rheinmetall selbst. Internationalisierung á la Papperger aber heißt die Schlupflöcher finden, welches Land die laschesten Richtlinien für Rüstungsexporte hat und dann von da aus per Joint Venture oder Tochterfirmen deutsche Waffen in Konflikte und Kriege liefern – dagegen richtet sich unser Protest!

Stoppt den Waffenhandel! Der Profit mit Rüstungsexporten ist Geschäft mit Terror und Gewalt made in Germany. Papperger ist ein Scharfmacher in Sachen Rüstungsexport. Er droht mit Abwanderung des Geschäfts, wenn Wirtschaftsminister Gabriel die Rüstungsexportpolitik restriktiv handhaben sollte. Die Bundeswehr ist für ihn Referenzkunde gegenüber Kunden, die mehr Geschäft versprechen – dazu gehören Katar, Saudi-Arabien und andere Ländern mit mehr als zweifelhafter Menschenrechtslage, dazu gehören Diktatoren. Als Qualitätsmerkmal gilt dabei, wenn die Waffen von der Bundeswehr im Einsatz erprobt wurden. Der Afghanistankrieg war so gesehen ein Geschenk an die deutsche Rüstungsindustrie – das ist schändliches Geschäft mit dem Tode!

Kürzlich lieferte Rheinmetall über ein Joint Venture mit einer Partnerfirma in Südafrika eine Munitionsfabrik nach Saudi-Arabien. In ein Land das eine Koalition des Krieges im Jemen anführt. Munition, die Nachschub sichert, damit der Krieg nicht endet. Dagegen fordern wir: Stoppt den Waffenhandel! Denn: Im Jemen sterben täglich sechs Kinder; über 2,5 Millionen Menschen mussten ihre Häuser verlassen und sind auf der Flucht. Kinder werden als Soldaten rekrutiert oder als Wärter an Checkpoints eingesetzt – und in diesem Krieg kommen Waffen von Rheinmetall zum Einsatz – das ist ein Skandal! Wir fordern: Grenzen öffnen für Menschen. Grenzen schließen für Waffen!“

Lühr Henken, BA Friedensratschlag:

„Als ich vor hier drei Jahren zum gleichen Anlass sprach, kennzeichnete ich den größten deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall als Konzern der Superlative! Denn er hatte vor drei Jahren den bis dahin größten Umsatz seiner Geschichte erzielt. Es waren damals 2,3 Milliarden gewesen. Heute sind es für 2015 sogar schon 2,6 Milliarden. Und das ist wieder ein neuer, wie ich finde, ein trauriger Rekord. Die Rheinmetall-Aktien sind mit Blut getränkt.

Dass dies Anlass zur Trauer ist, findet die Frankfurter Allgemeine Zeitung offensichtlich nicht. In ihrer Ausgabe vom 2. März findet sich im Finanzteil mit einem PLUS-Zeichen versehen, was eine gute Nachricht kennzeichnet, folgendes. Unter der vielsagenden Überschrift: „Wenn die Kanonen donnern“ lesen wir: „Unruhige Zeiten sind gute Zeiten für Rüstungskonzerne. Das bestätigen die Jahreszahlen, die Rheinmetall letzte Woche vorlegte. Mehrere Analysten gehen in ihren Berichten davon aus, dass das Unternehmen auch künftig gute Geschäfte machen wird.“ Rheinmetall erwartet in diesem Jahr 2016 ein Umsatzplus von 7,7 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Was dann wieder ein neuer trauriger Rekordwert wäre.

Worauf gründet der Optimismus der Rüstungssparte? Schon jetzt ist ihr Auftragsbuch mit 6,4 Milliarden Euro prall gefüllt. Aber der zusätzliche Optimismus speist sich aus der Erhöhung des deutschen Rüstungsetats unter von der Leyen. Er wächst in diesem Jahr um 1,4 Milliarden und soll um 5 Milliarden bis 2019 wachsen. Bis 2030 will von der Leyen 130 Milliarden für neue Waffen und Ausrüstungen ausgeben. Das sind 50 Milliarden mehr als bisher geplant.

Die deutsche Regierung strebt damit im Militärischen den Spitzenplatz in der EU an. Armin Papperger, der Chef von Rheinmetall, sagt, so eine schnelle Wende bei den Verteidigungsausgaben habe er noch nicht gesehen. Der Heimatmarkt sei ein wichtiger Markt für ihn. Papperger rechnet sich gute Chancen aus, ein großes Stück vom Kuchen abzubekommen. Der Umsatz im Inland von 700 bis 800 Millionen Euro könnte in den nächsten Jahren verdoppelt werden. Denn schließlich sei Rheinmetall der einzige Rüstungskonzern der Westlichen Welt, der alle Fahrzeuge „vom LKW bis zum Kampfpanzer“ anbieten könne. Verbesserungen bei bereits ausgelieferten Leopard 2, Transportpanzern Fuchs und Schützenpanzern Puma seien notwendig. Auch von neuen Fuchs und Puma für die Bundeswehr sei die Rede.

Von besonderer Bedeutung ist das Engagement von Rheinmetall in der Drohnentechnologie. Seit Jahren betreut Rheinmetall zusammen mit Airbus technisch die drei HERON 1 Aufklärungsdrohnen in Afghanistan. Zwei bis drei HERON 1 sollen zum Jahresende zusätzlich in den Norden Malis verlegt werden. Ein Novom ist, dass nun auch die technische Betreuung von Kampfdrohnen hinzu kommt. Denn die israelischen HERON TP, von denen die deutsche Luftwaffe ab 2018 drei bis fünf anmieten will, sollen auch von Rheinmetall und Airbus technisch unterhalten und vermarktet werden. Liebe Freundinnen und Freunde: Kampfdrohnen dürfen nicht angeschafft, sondern müssen geächtet werden!

Rheinmetall ist ein internationaler Konzern. 30 Prozent des Umsatzes macht Rheinmetall im Inland, 70 Prozent im Ausland. Rüstung wird in 38 Tochterfirmen und Beteiligungsgesellschaften hergestellt, die sich auf 17 Länder auf allen Kontinenten verteilen. Insgesamt 700 verschiedene Waffensysteme und Ausrüstungen hat Rheinmetall im Angebot. Das sind Waffen und Munition, Elektronik und Fahrzeuge.

Ich will abschließend nur einige wenige besonders brisante Exporte aus der Vielzahl der Rheinmetall-Aktivitäten herausgreifen. Alle aus jüngster Zeit. Nach Katar gehen 62 Leopard 2-Kampfpanzer und 24 Panzerhaubitzen 2000, wozu Rheinmetall die Panzerrohre und die Munition im Wert von 475 Millionen Euro liefert. Das Sultanat Oman will über 70 Leopard 2, einer ist schon zur Erprobung dort. In Algerien entsteht eine Fabrik zur Herstellung von 1.200 Fuchs-Transportpanzern im Wert von 2,7 Milliarden Euro. Berichte, wonach Polizei und Militär in Algerien gewaltsam gegen Demonstrierende vorgehen, stören Rheinmetall und Regierende hierzulande kaum. Saudi-Arabien wird mit 200.000 Teilen Munition und 200.000 Handgranaten beliefert. Die Saudis führen Krieg im Jemen. Das neueste: Rheinmetall verhandelt in der Türkei über die Gründung einer Fabrik zur Herstellung von Militärfahrzeugen. Es ist Erdowahns Türkei, die einen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung im eigenen Land führt.

Liebe Freundinnen und Freunde, es ist höchste Zeit Rheinmetall zu entrüsten. Militärische Produktion muss in zivile Produkte konvertiert werden. Erfreulich ist, dass innerhalb von IG Metall und Ver.di Bewegung um Konversion wiederbelebt wird. Dies verlangt nach einer gesamtgesellschaftlichen Unterstützung. Die Friedensbewegung muss sich diese Frage mehr und mehr stellen. Entrüstet Rheinmetall! Stoppt den Waffenexport!“