1. Mai: Nazis in Celle und Lehrte vertrieben

Nazis bei 1. Mai Kundgebung des DGB in CelleCelles DGB-Kreisvorsitzender Paul Stern unterbrach das Grußwort von OB Dirk-Ulrich Mende (SPD) als unter den 340 Kundgebungsteilnehmenden ein Transparent aus braunem Tuch gezeigt wurde mit der Aufschrift »Die Nation lebt nur durch die Arbeit aller - 1.MAI Tag der Deutschen« und dazu ein weiteres Transparent aus rotem Tuch mit dem Text: »Arbeit statt Jobs - Globalisten stoppen«. Der DGB-Sprecher rief: „Das scheint offensichtlich eine neonazistische Provokation zu sein. Ich fordere alle Kollegen auf, sofort dafür zu sorgen, dass das Transparent entfernt wird. Nazis raus! Nazis raus!" Sofort stimmten Hunderte ein, während sich SPD-Funktionäre erst vor die Transparente stellten und dann migrantische und antifaschistische Kolleg_innen beherzt gegen die widerborstigen Nazis zugriffen.

Die etwa zehn Nazis um Anführer Dennis Bührig mussten schließlich unter Aufsicht einiger Polizisten den Platz verlassen. Nach 30 Minuten wurde die DGB-Kundgebung mit OB Mende am Mikro fortgesetzt: „Was man kaum heute sich noch vorstellen mag, diesen Tag der Arbeit, einen internationalen Tag der Solidarität missbrauchen, um faschistoides Gedankengut unter das Volk zu bringen. Von daher bin ich Ihnen umso mehr dankbar dafür, dass Sie hier solidarisch zusammen gestanden haben und ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextreme gesetzt haben. Die haben hier keine Chance."

Bührig und Kameraden fuhren weiter ins 35 km entfernte Lehrte und rollten dort hinterm Stand der Linken ihre Transparente aus. Auch hier griffen sich in der Nähe befindende Teilnehmende der DGB-Kundgebung beherzt zu. Die Nazis zogen wieder den Kürzeren und verschwanden. Im »Infoportal Freier Kräfte aus Celle« versuchten sie anschließend ihre Aktionen zu begründen: „In Zeiten in denen Nationalisten ihre Grundrechte entzogen werden und es kaum mehr möglich ist, angemeldete Veranstaltungen in gewünschtem Rahmen durchzuführen, heißt das Losungswort der Stunde Flexibilität. In Celle und Lehrte suchten Nationalisten lieber den direkten Kontakt zu Bürgern und den Genossen der Gewerkschaften und Linksparteien, als in einigen hundert Kilometern im Polizeikessel zu stehen."

Die Celler Kameraden hatten Unterstützung von der braunen Szene »Besseres Hannover« und Neofaschisten aus Bückeburg. Zur NPD und zuvor eng befreundeten Kameradschaften haben diese Organisationen inzwischen ein gebrochenes Verhältnis.

Extremismusklausel rechtswidrig

Seit 2010 beteiligt sich Celle an dem Bundesprogramm »Toleranz fördern – Kompetenz stärken«, das Programm hieß vorher »Vielfalt tut gut«. Mit der Namensänderung kam auch die Verpflichtung der Projektträger, eine sog. »Extremismusklausel « zu unterzeichnen (sh. Revista 53). Zu verdanken haben wir das der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Von vielen Organisationen und Vertreter_innen der Opposition wurde diese Klausel kritisiert, sie säht Misstrauen und kriminalisiert Projektträger und deren Kooperationspartner_innen, sie hemmt bürgerschaftliche Engagement, das doch eigentlich gefördert werden sollte.

Schließlich hat das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz e.V. (AKuBiZ) gegen diese Praxis geklagt. Ende April entschied das Verwaltungsgerichts Dresden, dass die »Extremismusklausel« des Bundes rechtswidrig ist. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Bis dahin will Schröder an der bisherigen Praxis festhalten.

Das AKuBiZ freut sich in einer Presseerklärung über den Erfolg der Klage, die Extremismusklausel sei in Gänze rechtswidrig.

Ganz so sehen wir das nicht. Den ersten Passus, den von AKuBiZ ebenfalls kritisierten „Bekenntniszwang“ zur freiheitlich- demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik (FDGO) beanstandet das Gericht nicht. Das Gericht wertete allerdings insbesondere die Forderungen in den Sätzen 2 und 3 der Erklärung als zu „unbestimmt“, weil unklar bleibt, wer etwa Partner ist und welches Verhalten dem klagenden Verein konkret abverlangt wird. Auch die Formulierung „Unterstützung extremistischer Strukturen“ in Form von „materiellen und immateriellen Leistungen“ bewertete das Gericht ebenfalls als zu unbestimmt.

Nun könnten ja die Initiativen, die seit Jahren effektiv gegen Rechts arbeiten und auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, hoffen, dass die Klausel damit gekippt ist. Aber es kann genauso gut passieren, dass Bundesministerin Schröder „nachbessert“, also die unbestimmten Formulierungen konkretisiert.

Schließlich ist ihr diese Klausel nicht zufällig auf das Papier gefallen. Das Anna Seghers Bildungswerk (und nicht nur das!) bewertet die Sichtweise in bezug auf »Extremismus« von Kristina Schröder als äußerst rechts: die bürgerliche Mitte muss beschützt werden – und zwar vor allem vor Linken. (sh. „Garten voller Böcke“ aus dem Rundbrief 15 des Bildungswerks Anna Seghers)

Es bleibt also abzuwarten, ob die »Klausel« tatsächlich gekippt ist und damit ein Grund zum Jubeln besteht.

Demo gegen Nazis

Demo gegen Nazitreffen in Eschede

Seit über 25 Jahren werden in Eschede Nazitreffen durchgeführt. Aktuell steht die Sonnwendfeier bevor. Diese sogenannte Brauchtumsfeier dient, wie auch das jährlich stattfindende Erntedankfest, nicht nur dem gemeinsamen Feiern. Es werden Kontakte geknüpft und gepflegt, Verabredungen getroffen, für anstehende Aktionen geworben. Besonders besorgniserregend ist, dass zu diesen Nazifeiern Familien mir ihren Kindern anreisen. Die Kinder werden von klein auf der Ideologie, den Werten und Anschauungen der extremen Rechten ausgesetzt. Sie wachsen mit dem Bewusstsein auf, dass nichtdeutsche Menschen weniger Wert sind als sie, dass es „heldenhaft“ ist, sich gegen eine angebliche „Überfremdung“ einzusetzen. Und bei solchen „Feiern“ erfahren sie, dass sie nicht alleine sind. Sie werden gestärkt in ihrer chauvinistischen Haltung aus diesen Treffen herausgehen. Je nach Alter werden sie eine eher „gefühlte“ Stärkung ihrer angeblichen Überlegenheit aus solchen Treffen mitnehmen - politische Indoktrination hat es im weiteren Leben dann nicht mehr schwer.

Aber das sind nicht die einzigen Zusammenkünfte der extremen Rechten in Eschede: In letzter Zeit traf sich die Kameradschaftsszene, es übte die „Trommelgruppe Norddeutschland“ (sie bezeichnen sich selbst als Nationalisten, die auf Demos, Sonnwendfeiern, etc trommeln) und es fand ein Konzert mit 600 Neonazis statt. Erst Karfreitag dieses Jahres fand eine „Solidaritätsveranstaltung“ mit knapp 100 Neonazis in Eschede auf dem Hof des Bauern Nahtz statt.

Bereits in der Vergangenheit hätte es Anlass gegeben, das Treiben auf Hof Nahtz zu beenden: 1992 fand eine Wehrsportübung der zwei Jahre später verbotenen Nationalen Liste Hamburg statt. Bei einer daraufhin durchgeführten Hausdurchsuchung in Eschede wurden Waffen, SS-Liedergut und eine Reichskriegsfahne gefunden. 1997 fand im unweiten Hetendorf die sogenannte »Hetendorfer Tagungswoche« statt. Es war die letzte vor dem Verbot des damaligen Nazizentrums. Allein aus Eschede nahmen 10 junge Neonazis daran teil. Wie erst im Februar dieses Jahres in der CZ zu lesen war, war bei diesem Treffen auch Beate Zschäpe, Mitglied der Nazi-Terrorgruppe NSU, in Hetendorf anwesend. Und auch einer der Täter, die Peter Deutschmann 1999 zu Tode prügelten, war 1997 bei diesem Nazitreffen.Die Hetendorfer Tagungswochen fanden immer zum Sommeranfang statt, die Sonnwendfeier war eines der Highlights dieser Treffen. Nachdem dort der Spuk vorbei war, entwickelte sich der Hof Nahtz in Eschede zum Ausrichtungsort der sommerlichen Nazifeiern in der Region. Und das nun seit mindestens 12 Jahren.

Es reicht! Jedes Nazitreffen ist eines zuviel!

Für dieses Jahr ist ein umfangreiches Programm für den 23.06.2012 geplant (siehe S. 27 oder Terminkalender). Dies ist der Termin, an dem die Nazis aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Sonnwendfeier mit dem üblichen rechten Rahmenprogramm in Eschede bei Joachim Nahtz zelebrieren werden.

Karfreitag: Neonazis feiern bei Nahtz

Schluss mit dem NaHTzischeiss!Eine Geburtstagsfeier und Versteigerung zugunsten der „in Haft sitzenden Kameraden“ aus dem Umfeld des »Aktionsbüros Mittelrhein« führte Anfang April einen Haufen Neonazis auf dem Nahtz-Hof in Eschede zusammen.

Am Karfreitag ab 16 Uhr fuhren zahlreiche Autos aus dem gesamten norddeutschen Raum sowie aus Nordrhein- Westfalen, Brandenburg und Thüringen auf das abgelegene Anwesen des NPD-Landwirts Joachim Nahtz in Eschede in der Lüneburger Heide. Mit Kind und Kegel reisten NPDFunktionäre und »Freie Nationalisten«, darunter Klaus Hellmund, Andreas Hackmann, Markus Privenau, Patrick Kallweit, Friedrich Preuß oder Stephan Silar, an. Eingeladen hatten die »Düütschen Deerns« als auch »Freie Kräfte« aus Celle um Dennis Bührig. Vordergründig ging es dabei um eine Geburtstagsfeier von Nahtz mit Grillstand und nationaler Musik. Hintergrund jedoch war eine Solidaritätsveranstaltung für die am 13. März verhafteten 24 „Kameraden“ aus dem Umfeld des »Aktionsbüros Mittelrhein«. Für sie sollte in Eschede mit einer Versteigerung Geld gesammelt werden, also brachten fast alle Aktivisten Dinge wie Bücher, CDs oder Kleidung mit.

Mit der Razzia im Auftrag der Staatsanwaltschaft Koblenz im vergangenen Monat wurde die Szene im Westen empfindlich getroffen. Nicht nur einer ihrer zentralen Treffpunkte in Rheinland-Pfalz, das »Braune Haus« in Bad Neuenahr/ Ahrweiler war Ziel, sondern auch führende Aktivisten aus der Region wie Sven Skoda, Axel Reitz, Paul Breuer oder der NPD-Kreisverbandsvorsitzende Sven Lobeck befinden sich seither in Haft. Solidarität mit ihnen und „den weiteren in Haft sitzenden Kameraden“ fordern nun vor allem die Kameradschaften. Dafür versammelte sich jetzt die Hardcore-Szene in Eschede. Ob allerdings auch die inhaftierten mutmaßlichen Komplizen des terroristischen »Nationalsozialistischen Untergrunds « (NSU) finanziell unterstützt werden sollen, darüber schwiegen sich die Organisatoren aus. Immerhin gab es eine jahrelange, rege Zusammenarbeit zwischen den thüringischen Neonazis um den inhaftierten Ralf Wohlleben aus Jena und den niedersächsischen Kameradschaften aus Celle und dem Weserbergland. (ar)

Veröffentlicht auf Blick nach Rechts, 11.04.2012

Als sich im Laufe des Vormittags die Vermutung bewahrheitete, dass das rechte Spektakel in Eschede stattfindet, kamen gut 50 Menschen zu einer spontanen Protestkundgebung zusammen. Knapp drei Stunden hielten sie an der Kreuzung Hermannsburger Straße / Zum Finkenberg aus, um den anreisenden Neonazis zu zeigen, dass sie nicht erwünscht sind – nicht in Eschede und auch nicht anderswo!