Für alles, was fliegt oder vom Himmel springt

Unter Schirmherrschaft von Henning Otte (CDU) veranstaltete die „Studiengesellschaft der DWT mbH“ zwischen dem 17. und 19. Oktober in Celle eine sogenannte Fachtagung zum Thema „Ausbildung und Ausbildungsmittel Luftbeweglichkeit“. Wieder einmal brachte die „Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik“ damit in Celle Bundeswehr und Rüstungsindustrie zusammen. Und die einen (Bundeswehr) erklärten, was sie gern hätten, und die anderen (Industrie) priesen an, was sie gerade im Schaufenster stehen haben. Celle wird – auch dank Henning Otte – zu einem zu einem Lieblings-Veranstaltungsort für den deutschen Rüstungs-Lobbyismus.

Warum man sich in Celle zum Thema „Luftbeweglichkeit“ traf, hat aber auch einen anderen Grund: Im vergangenen Jahr wurde das „Ausbildungs- und Übungszentrum Luftbeweglichkeit“ auf dem Fliegerhorst Wietzenbruch „in Dienst gestellt“.

Auf der Internetseite „deutschesheer.de“ wird diese Einrichtung in kurzer Form so beschrieben:

„Der luftgestützte Einsatz war im Rahmen verfügbarer Ressourcen bislang nicht oder nur mit einem wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Aufwand darzustellen. Das Ausbildungs- und Übungszentrum Luftbeweglichkeit ist eine neue Ausbildungs-/ Übungseinrichtung, die diese Fähigkeitslücke nun schließt.“ Der „Auftrag“ ist dort in einem derart verschwurbelten Bundeswehrsprech beschrieben, dass wir uns mal an einer „Übersetzung“ versuchen.

Luftlandeoperationen sind Bestandteil nahezu jedes Auslandseinsatze. „Alles, was bei der Bundeswehr bei solchen Einsätzen fliegt oder vom Himmel springt, wird hier auf dem Militärflugplatz Celle-Wietzenbruch künftig speziell trainiert“, schrieb RP Online. Im Zentrum stehen zweiwöchige Lehrgänge. Im Team sollen Piloten, Bordschützen, Fallschirmjäger und Sanitäter die Luftlandeoperationen durchspielen. Dafür werden in fünf ehemaligen Flugzeughallen 160 Computer aufgestellt. In einer weiteren Halle wird ein Gelände mit „Deckungs- und Beobachtungsmöglichkeiten“ nachgebildet. Daneben gibt es sogenannte „Verfahrenstrainer“, also nachgebildete Zellen von kampf- oder Transporthubschraubern, in denen trainiert wird. Auch ein „Schießkino“ (Originalsprech) wird es geben. Scharf geschossen werden soll aber in Celle nicht; das passiert dann in Vernetzung mit Bundeswehrstandorten in Idar-Oberstein, dem Gefechtsübungszentrum des Heeres in Letzlingen (Sachsen-Anhalt), dem Gefechtssimulationszentrum in Wildflecken (Bayern) und den Truppenübungsplätzen Altengrabow und Bergen – aber auch auf dem Standortübungsplatz in Scheuen.

Gegenüber RP Online fasste vor einem Jahr Oberst Carsten Jahnel den Aufbau der Ausbildung so zusammen: „Im Kern bildet unser Ausbildungs-/Übungszentrum das Führungspersonal im Gefechtsstand aus. Dort werden Operationen geplant, die zunächst virtuell gespielt werden, um Verfahren zu üben. In einem zweiten Schritt sollen die Soldaten dann an einem Verfahrenstrainer alle Handgriffe rund um das Luftfahrzeug durchführen. Im dritten Teil setzen wir die Truppe in intakte Luftfahrzeuge und bringen sie in Zusammenarbeit mit dem Gefechtsübungszentrum Heer dort zum Einsatz - so realitätsnah, dass sie auch im Einsatz bestmöglich bestehen können.”

Kurz gesagt: Die Immelmann-Kaserne wird eins der High-Tech-Ausbildungszentren der Bundeswehr. Und das heißt für die Rüstungsindustrie: Hier rollt der Rubel.
Mit Messeständen vertreten waren u.a.: Airbus, Rheinmetall, Rohde & Schwarz, CAE Elektronik GmbH, Eurosimtec, Telespazio. Vertreter dieser Firmen durften dann auch zu Fachthemen referieren (und nebenbei ihre wunderbaren Produkte anpreisen).

Am dritten Tagungstag ging es dann in die Immelmann-Kaserne, wo den Besuchern Gelegenheit gegeben werden sollte, „sich über den Sachstand Virtuelle Simulation und Handlungstraining im Rahmen eines Übungsdurchgangs eines Fallschirmjägerzuges zu informieren.“

Zum Auftakt gab's wie üblicherweise auch beim „Celler Trialog“ ein Benefizkonzert. Diesmal mit der Uraufführung des „Celler Luftkavallerie-Marsches“ durch das Polizeiorchester Niedersachsen. Gespendet werden durfte für den Vereins „Lachen helfen“, der in den Einsatzländern der Bundeswehr Hilfsprojekte für Kinder in Not realisiert.

Und selbstverständlich steht auch der Ortsrat von Wietzenbruch an der Seite unserer High-Tech-Krieger. Bereits im März beschloss er – auf Antrag der Bundeswehr – wie es im Protokoll heißt, die Umbenennung der „Kanaltrift“ in „Luftbrückenstraße“. Im Protokoll heißt es: „Oberst Jahnel merkt an, dass die Luftbrücke ein Symbol sei für die Rettung von Menschen in höchster Not“. Anfang Oktober wurde dann das Straßenschild ausgetauscht. [Nebenbei – aber ohne Erbsen zählen zu wollen: Kommunalrechtlich ist nicht vorgesehen, dass die Bundeswehr oder der „Bürger“ Oberst Jahnel einfach so einen „Antrag“ im Ortsrat abstimmen lassen können. Aber laut Protokoll wurde es so gehandhabt.]

Auch das neu gestaltete Verbandsabzeichen zeigt das Symbol der Berliner Luftbrücke und das Eiserne Kreuz auf Blau-Silbernem Schild. Die Umrandung ist in der Farbe Bordeauxrot. Auf der Internetseite „deutschesheer.de“ heißt es zur Erklärung:

„Das Luftbrückendenkmal, welches das zentrale Element des Abzeichens darstellt, befindet sich im Ortsteil Celle-Wietzenbruch an der Zufahrt zur Kaserne. Es erinnert an die Versorgung der Berliner Bevölkerung im kalten Krieg aus der Luft, die hauptsächlich vom Flugplatz Celle und Faßberg durchgeführt wurde. Die Farben Blau und Silber stellen die Verbundenheit mit der Stadt Celle dar. Die bordeauxrote Umrandung greift sowohl die Barettfarben der Heeresfliegertruppe als auch der Fallschirmjägertruppe auf, die wesentlichen Träger der Luftbeweglichkeit.“

Und gegenüber RP Online legte Oberst Jahnel noch eine Begründung drauf: „Wir werden auch in Zukunft Luftbrücken bauen – hin zu anderen Truppengattungen.“