Nachtragshaushalt, weil Gewerbesteuer weiter einbricht

Im Nachtragshaushalt, den die Stadt am 28. September verabschiedet hat, war erneut ein Einbruch bei den Gewerbesteuern zu verbuchen. Zum Planungsansatz fehlen fast 10 Millionen Euro. Verantwortlich ist wieder die Erdölindustrie. In der Verwaltungsvorlage „Unterjähriges Berichtswesen zum 30.06.2017“ heißt es dazu:

„Aufgrund der weiterhin anhaltenden Krise sowie Firmenfusionen im Energiesektor sind die Zahlungen für das laufende Jahr drastisch eingebrochen. […] Während für einzelne große Steuerpflichtige die laufenden Vorauszahlungen im Vergleich zur Jahresplanung um rund 5,5 Mio. € zu reduzieren waren, waren im Bereich mittelgroßer Unternehmen ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen, so dass das Aufkommen aus laufenden Vorauszahlungen lediglich um 2,7 Mio. € zurückgegangen ist. Weiterhin kam es zu vorab nicht bekannten Erstattungen für Vorjahre an einige wenige Unternehmen in Höhe von insgesamt rd. 7 Mio. €.“

Die Stadt Celle weise die Besonderheit der starken Konzentration im Bereich der Großunternehmen des Energiesektors auf, „die in den besten Jahren mit bis zu 45 % des Gewerbesteueraufkommens beigetragen hat. Durch die Krise in dieser Branche kam es zu entsprechenden Einbrüchen, der Branchenanteil liegt aktuell bei nicht einmal rd. 5 %. Ausfälle in diesem Umfang konnten auch die positiven Steigerungen in den übrigen Unternehmen nur im kleinen Umfang abfedern, nicht aber kompensieren. “

Die Gewerbesteuereinnahmen sinken im Jahr 2017 auf nur noch 24,6 Mio. Euro. Davon zahlt die Erdölbranche also gerade mal rund 1,2 Mio. Euro. Der Höchststand bei den Gewerbesteuern lag im Jahr 2008, dem Jahr vor Auswirkungen der Krise, bei gut 53 Mio. Euro. Davon kamen 24 Mio. Euro aus der Erdölindustrie.

Und die Ursache ist eben nicht allein ein Andauern der Krise, sondern eben auch Firmenfusionen, die dann offensichtlich dazu führen, dass die Gewerbesteuer reduziert werden kann oder anderswo (nicht) gezahlt wird.

Rede von Oliver Müller (Auszüge)

Oliver Müller, Fraktionsvorsitzender Die Linke/BSG, stellte in der Ratssitzung einige grundsätzliche Überlegungen an:

„Erfreulich finde ich, dass die Verwaltung endlich einmal benennt, dass es nicht nur die Krise ist, die diesen gewaltigen Einbruch verursacht hat, sondern auch Firmenfusionen. Das heißt nichts anderes, als dass sich einige große Firmen bewusst aus der Verantwortung gestohlen haben und ihre Steuern nicht mehr hier zahlen, sondern – wenn überhaupt – woanders.

Wir können das nicht ändern. Aber ich will auf ein grundlegendes Versäumnis hinweisen, dass ich in der Verwaltungsspitze sehe. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir in einem engen Austausch mit den Firmenleitungen stehen. Ich erwarte von der Verwaltung, dass sie Anstrengungen zu einem regelmäßigen Austausch mit den Firmenchefs und den Betriebsräten unternimmt. Es ist doch kein Zustand, dass die Stadt nur über den Umweg Finanzamt von den Entwicklungen in der Industrie und den Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt erfährt.

Und eigentlich sollten die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt auch erwarten können, dass die Unternehmensleitungen von sich aus diesen Austausch wollen.

Denn es ist die Stadt Celle, die die Schulen für die Kinder der Beschäftigten vorhält. Es ist die Stadt Celle, die für Freizeit- und Sportanlagen sorgt. Es ist die Stadt Celle, die die Infrastruktur versucht Instand und die Umwelt halbwegs intakt zu halten. [...]

Ein Beispiel: Wir quälen uns mit der Frage der Finanzierung einer Sporthalle für den Bundesligabetrieb des SVG Celle. Aber es findet sich aus der Industrie nicht ein einziger Sponsor, der bereit ist, das Team vor der Insolvenz zu bewahren. Und für diese Unternehmen wäre es um die berühmt-berüchtigten Peanuts gegangen.

Wir sollten als Stadt endlich deutlich machen, dass wir von den Unternehmen der Erdölbranche erwarten, dass sie sich – wenn sie schon keine Steuern mehr zahlen – in irgendeiner anderen Weise in die Stadtgesellschaft einbringen, wie es dutzende kleine Unternehmen in der Altstadt oder in den Stadtteilen seit Jahren tun. “