Diskussionen um die Zebrastreifen am Kreisel Neumarkt
Der Kreisverkehr am Neumarkt sorgt seit Monaten für Diskussionen. Die Verkehrsführung und störende Fußgänger*innen würden zu vermehrten KfZ-Staus führen. Die Verwaltung nutzte die Baumaßnahme in der Hehlentorstraße als Begründung, um im Juni kurzerhand zwei Zebrastreifen zu sperren. Wenn demnächst die Hehlentorstraße fertig ist, entfällt die „Begründung“. Was dann? Die CZ hat sich jedenfalls schon mal positioniert: „Hau weg den Scheiß – koste es, was es wolle.“
Der Kreisverkehr war nicht unbedingt ein Muss. Ein Argument war, dass mit der Bebauung der Allerinsel eine unproblematische Möglichkeit geschaffen werden sollte, nach Norden bzw. Osten abbiegen zu können. Zwar wird sich das Verkehrsaufkommen von der und auf die Allerinsel erhöhen, aber es gibt ja auch die Biermannstraße, die gerade für den Verkehr in Richtung Norden allemal die günstigere Ausfahrt sein dürfte. Wirklich nötig war der Kreisverkehr also nicht. Und wir sind bekanntlich auch der Auffassung, dass die geplante Gegenläufigkeit des Nordwalls für die Stadtentwicklung negativ ist. Denn das bliebe als Argument für den Kreisverkehr: Wer von der Allerinsel nach Osten will, müsste die Altstadt nicht umfahren, sondern könnte mittendurch.
Jetzt aber ist der Kreisverkehr da. Und er ist umgesetzt nach den Regeln des „Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren“ aus dem Jahr 2006:
„Innerhalb bebauter Gebiete sollten die Überquerungsstellen als Fußgängerüberwege (Zeichen 293 StVO, "Zebrastreifen") ausgebildet werden, um eine eindeutige und allgemein verständliche Regelung des Vorrangs zu erzielen.“ Unter Jurist*innen gilt „Soll ist muss, wenn kann“, d.h. Ausnahmen müssen äußerst gut begründet werden. Und das dürfte der Stadtverwaltung schwer fallen, denn es gilt ja auch die Straßenverkehrsordnung. Und die regelt in § 9, Abs. 3, dass es keinen Fußgängerüberweg gibt:
„Auf Fußgänger muss er [der KfZ-Fahrer] besondere Rücksicht nehmen; wenn nötig, muss er warten.“ Das wiederum heißt: Gegenüber abbiegenden Fahrzeugen sind Fußgänger somit immer bevorrechtigt.
Das Problem ist also Folgendes: Auch wenn Autofahrer*innen eigentlich nur die Hafenstraße als „Ausfahrt“ betrachten, gibt es eben auch beim normalen Verkehr auf der Mühlenstraße rechtlich gesehen Ein- und Ausfahrten.
Es handelt sich also mitnichten um eine „Fehlplanung“, wie Gunther Meinrenken in der CZ kommentierte, sondern um den Standard bei innerörtlichen Kreisverkehren. Und da hilft es auch nicht, dass es sich um eine Bundesstraße handelt, wie Michael Ende meinte: „Eine Bundesstraße ist nicht hauptsächlich dafür gemacht, um von Fußgängern auf möglichst vielen benachbarten Zebrastreifen auf möglichst engem Raum überquert zu werden.“ Dumm nur, dass sie mitten durch eine Stadt läuft.
Ein gern bemühtes Argument ist, dass es am Neumarkt doch eine Ampelanlage gibt. Ja, aber: Diese müssen Fußgänger*innen eben nicht nutzen. Sie sind, was Verkehrsplaner*innen wissen, besonders umwegempfindlich. Umwege von mehr als 50 Meter werden kaum noch angenommen, d.h.: Die Leute gehen irgendwo anders über die Fahrbahn, als die Planer vorgesehen haben.
Was interessanterweise beim gesammelten Wehklagen keine Rolle spielt, ist das Fahrrad. Wie bitte schön, sollen Radfahrer*innen von der Allerinsel in Richtung Allerbrücke kommen? Und ist ihnen, wenn sie von Süden kommen, der Umweg über die Ampelanlage Neumarkt zuzumuten?
Die CZ setzte sich zuletzt massiv für einen Rückbau der Fußgängerüberwege ein. Das aber würde, wie sie selbst recherchierte, ein teures Unterfangen. Zum Bau waren von Seiten des Landes 860.00 Euro geflossen, von denen beim Rückbau ein Teil zurückgezahlt werden müsste. Und die Kosten für den Rückbau dürften sich auch im sechsstelligen Bereich bewegen.
Ganz kurios ist schließlich eine Äußerung von Ortsbürgermeister Tim Übermuth gegenüber der CZ: „Wir sollten die Sperrung noch ein paar Monate lang ausprobieren.“ Wie oben dargelegt, gibt es dafür keine Begründung. Aber was ist das auch für eine Logik? Bisher hat niemand evaluiert, ob es überhaupt „mehr Staus“ gibt, und auch nicht, ob dies an den Fußgänger*innen liegt? Aber das nun wiederum lässt sich in keinem Fall erkunden, wenn die Sperrung aufrechterhalten bleibt.