AfD: ein trauriges Beispiel für unseren mangelnden Selbstbehauptungswillen

Bundesweit versucht die AfD einen Kulturkampf zu entfachen – eines ihrer Thema: Schweinefleisch. Im Verzicht auf Schweinefleisch sieht ihr Vorsitzende Alexander Gauland ein „trauriges Beispiel für unseren mangelnden Selbstbehauptungswillen“: „Wir müssen uns den Muslimen in Deutschland nicht anpassen; wer mit und bei uns leben will, muss sich uns anpassen.“ Genau. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.

Normalerweise sollten wir uns mit derartigem Quatsch gar nicht befassen. Aber: Als die CZ das Thema in ihre Facebook-Seite nahm, gab es weit über 100 Kommentare. Die allermeisten unterstützten die Sicht der AfD und dies in den meisten Fällen, ohne sich mit dem Hintergrund genauer befasst zu haben.

Die AfD-Fraktion im Stadtrat hatte gefragt: „Gibt es in Celle Kitas und Grundschulen, die auf Schweinefleisch im Speiseplan vollständig oder teilweise verzichtet haben?“ Und: Aus welchen Gründen bzw. nach welchen Kriterien so verfahren würde?

Die Antwort der Verwaltung bezog sich zunächst auf die zwei Kitas in städtischer Trägerschaft:

„Alle städtischen Kitas verzichten aus organisatorischen Gründen weitestgehend auf das Angebot von Schweinefleischprodukten.
1. Frühstück – beim Frühstück ist für die Kinder oft nicht zu unterscheiden, ob es sich um Geflügel- oder Schweinefleischwurst handelt, so dass aus Rücksicht auf Kinder, die kein Schweinefleisch essen dürfen, auf ein entsprechendes Angebot grundsätzlich verzichtet wird. Das bedeutet aber nicht, dass es in den Kitas nicht gegessen werden darf.
2. Mittagessen – die Versorgung aller städtischen Einrichtungen mit Ausnahme des Gertrud-Kock-Hauses erfolgt durch unsere zentrale Küche in Wietzenbruch. Diese bietet pro Tag nur 1 Menü an, so dass auch hier aus den schon genannten Gründen auf die Verarbeitung von Schweinefleisch grundsätzlich verzichtet wird. Lediglich bei Gerichten, die man gut in zwei Varianten zubereiten kann (z.B. Eintopf mit und ohne (Schweine-fleisch-)Würstchen), kann ein unterschiedliches Angebot erfolgen, was auch so gehandhabt wird.“

Und weiter: „Die Grundschulen entscheiden über das Speiseangebot im Rahmen der Mittagsverpflegung der Ganztagsschule in Absprache mit der Elternschaft vor Ort. Ein Verbot von Schweinefleisch gibt es nicht. Es besteht auch keine Verpflichtung das warme Mittagessen zu bestellen. Die Eltern können auch entscheiden, ein kaltes Mittagessen mitzugeben.“

In den anderen Einrichtungen und Grundschulen ist die Praxis unterschiedlich: Die meisten Grundschulen bieten alternativ zu Fleischgerichten ein vegetarisches Gericht an. Einzig an den Grundschulen Altstadt, Nadelberg und Waldweg werden keine Essen mit Schweinefleisch angeboten. Die GS Altstadt antwortete: „Da wir einen großen Anteil muslimischer Kinder haben, die sonst aus Verwechslungsgefahr ein warmes Mittagessen ausschlagen würden, wurde Schweinefleisch aus dem Speiseplan gestrichen.“

Der Vorsitzende der AfD Fraktion im Rat der Stadt Celle, Anatoli Trenkenschu, sieht hier „falsch verstandene Toleranz“. „Die gesellschaftliche Mehrheit passt sich an die Regeln der Minderheiten an – in diesem Fall wird auf Schweinefleisch verzichtet - und merkt das selbst kaum. […] Der Schutz der Minderheiten - auch aus religiösen Gründen - darf nicht dazu führen, dass eine Mehrheit aus falsch verstandener Toleranz in ihrer freien Entscheidung überstimmt wird.“

Zwischenzeitlich hat die AfD einen Antrag gestellt, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, sich dafür einzusetzen, dass Schweinefleisch in Kitas und Schulen erhalten bleibt bzw. wieder angeboten wird.
Was erstaunlicherweise niemand problematisch findet, ist, dass es an den GS Nadelberg und Waldweg anscheinend kein vegetarisches Essen als Alternative zu Fleischgerichten gibt. Die Begründung zielt hier auf sich dadurch erhöhende Kosten ab. Das aber geht heute eigentlich gar nicht mehr.