Behiye Uca (Die Linke) konfrontiert Kreisverwaltung mit unbequemen Fragen

Die Ausländerbehörde des Landkreises Celle hat Geflüchtete abschieben lassen und sie kürzt Leistungen auf Grundlage einer rechtswidrigen Ordnungsverfügung. Und trotz eines eindeutigen Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts sieht der Landkreis Celle keine Veranlassung, seine Praxis zu ändern. Ein Skandal, den kaum jemand als solchen wahrnimmt.

Betroffen sind Geflüchtete, die nach der sogenannten Dublin III-Verordnung in Deutschland kein Asyl beantragen dürfen. In der Regel ist nämlich dasjenige Land zuständig, in welchem die Person das erste Mal mit Fingerabdrücken oder anderen Beweismitteln wie z.B. einem Visum registriert worden ist.

Die deutschen Behörden sind darauf aus, diese Flüchtlinge so schnell wir möglich wieder abzuschieben. Zum Beispiel nach Italien, wo sie in der Regel keinerlei soziale oder materielle Unterstützung haben, wo sie häufig auf der Straße leben müssen und wo ihnen oft nichts anderes übrig bleibt, als durch Kleinkriminalität oder Prostitution ihr Überleben zu sichern. Niemand will deshalb wieder nach Italien. Im Vergleich zu Deutschland ist es die Hölle hoch Zwei.

Die Ausländerbehörde des Landkreises hat „Dublin“-Flüchtlingen die Auflage gemacht, sich von Montag bis Freitag zwischen 0 Uhr und 7 Uhr in der ihnen zugewiesenen Unterkunft aufzuhalten. Sie meinte ihre Anordnungen auf § 46 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz stützen zu können. Danach können gegenüber einem „vollziehbar aufpreispflichtigen Ausländer“ Maßnahmen zur Förderung der Ausreise getroffen werden.

Wer gegen diesen Hausarrest verstieß, musste zum einen mit Kürzungen der Asylbewerberleistungen rechnen, d.h. erhielt nur noch gut 150 Euro im Monat.

Nach gravierender allerdings ist, dass ein Verstoß gegen die Ordnungsverfügung vom Landkreis Celle auch genutzt wurde, um Abschiebungen einzuleiten.

Ein Geflüchteter hat im Jahr 2017 gegen die Ordnungsverfügung geklagt. Im Januar 2018 bekam er Recht. Mit Beschluss vom 22.01.2018 (Az.: 13 ME 442/17) hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die Anordnung eines „nächtlichen Hausarrestes“ gegenüber Geflüchteten im Dublin-Verfahren „offensichtlich rechtswidrig“ ist, da dies einen „freiheitsbeschränkenden Charakter“ aufweise, für den es keine rechtliche Grundlage gebe.

Die Kreistagsabgeordnete Behiye Uca (Die Linke) hatte der Kreisverwaltung in Celle einen Fragenkatalog vorgelegt, der in der Kreistagssitzung am 7. März beantwortet wurde (das Dokument steht zum Download auf der website der Fraktion).

Die Kreisverwaltung zeigt sich in ihren Antworten wenig beeindruckt. Obwohl sie mit Bezugnahme u.a. auf die „offensichtlich rechtswidrige“ Verfügung sowohl Leistungen gekürzt hat wie auch Abschiebungen eingeleitet, sieht sie keinen Anlass, z.B. die Kürzungen zurückzunehmen.

Behiye Uca kritisiert diese Haltung scharf: „Auf Grundlage von Verstößen gegen die offensichtlich rechtswidrigen Ordnungsverfügungen sind inzwischen einzelne Geflüchtete abgeschoben worden. Anderen sind die Leistungen bis auf rund 150 Euro gekürzt worden. Und weder in dem einen noch dem anderen Fall sieht der Landkreis sich genötigt, Konsequenzen zu ziehen. Meines Erachtens müssen die unberechtigten Kürzungen selbstverständlich zurückgenommen werden.“ Die Kreistagsabgeordnete weist weiter darauf hin, dass gerade für Flüchtlinge in sogenannten Dublin-Verfahren bestimmte Fristen einzuhalten sind, damit die Bundesrepublik ihre Asylverfahren übernimmt. Uca: „Auch diese Fristen sind praktisch auf rechtswidriger Grundlage verlängert worden. Hier stellt sich die Frage, ob der Landkreis dies nicht zurücknehmen muss, also dem Bundesamt eine entsprechende Mitteilung machen muss? Der Landkreis verneint dies, obwohl es meines Erachtens erforderlich wäre.“

Es bedarf offenbar weiterer Klagen, um den Landkreis Celle zu einer Korrektur jener Entscheidungen zu bewegen, die auf der Ordnungsverfügung basieren.