Verwaltungsspitze setzt auf diskriminierende Kriterien zur Baulandvergabe

Rund 110 Grundstücke wird die Stadt Celle in Groß-Hehlen in einem neuen Baugebiet mit dem Namen „Im Tale“ erschließen. Da die Nachfrage nach den Grundstücken über dem Angebot liegen dürfte, hat die Verwaltung einen Katalog mit Vergabekriterien aufgestellt. Danach sollen – um es salopp zu formulieren – Uniformträger*innen bevorzugt werden. Dieser Plan könnte, sollte er so verabschiedet werden, Verwaltung und Rat schmerzhaft auf die Füße falle.

Der Beschlussvorschlag, der im Juni auf der Tagesordnung des Rates stand, aber kurzfristig abgesetzt wurde, besagt folgendes:

„Die Reihenfolge der Vergabe der Grundstücke wird nach einem Punktesystem ermittelt. Bei gleicher Punktzahl erfolgt die Vergabe im Losverfahren.
Punktesystem:
I. für eine mindestens seit 2 Jahren andauernde Tätigkeit in folgenden Organisationen bzw. Einrichtungen (keine Kumulation möglich):
1. Feuerwehr, Bundeswehr, Polizei, Caritative Einrichtung , Technisches Hilfswerk 10 Punkte
2. Ehrenamtliche Tätigkeit 3 Punkte
Der Nachweis erfolgt über eine Bestätigung der Organisation.
II. für Familien, Ehepaare und eheähnliche Gemeinschaft 3 Punkte “.

Auf eine Begründung verzichtete die Verwaltung.

Es ist offensichtlich, dass der Punkt I.1 diskriminierend ist. Warum? Menschen ohne deutschen Pass oder EU-Staatsangehörigkeit ist der Zugang zu Bundeswehr oder Polizei in der Regel verschlossen. Und es gibt weitere Einstellungskriterien bei Polizei und Bundeswehr, die Interessierte ausschließen: Bei der Bundeswehr muss man & frau mindestens 1,55 Meter groß sein, bei der Polizei sollten in Niedersachsen Frauen über eine Körpergröße von mindestens 1,63 Metern verfügen, bei Männern sind es 1,67 Meter.

Auch dass „Familien, Ehepaare oder eheähnliche Gemeinschaften“ gegenüber Alleinerziehenden bevorzugt werden, ist eine Diskriminierung Letzterer.
Abgesehen von diesen formalen Ausschlusskriterien, stellt sich die Frage: Wie kann man politisch auf die Idee verfallen, ein sozial möglichst homogenes Quartier anzustreben? Weil man es so will?

Viele Städte und Gemeinden arbeiten bei der Baulandveräußerung mit Vergabekriterien. Interessanterweise gab es deshalb seit 2007 ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland. Dabei ging es im Kern um die Bevorzugung von Einheimischen. In einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wird deutlich, worum es geht. Der EuGH will die unionsrechtlichen Grundfreiheiten garantieren dahingehend, dass alle EU-Bürger sich grenzüberschreitend bewegen, niederlassen und in anderen EU-Staaten arbeiten dürfen. Diskriminierend also ist, „wenn eine Vergünstigung an einen Personenkreis gewährt wird, der Merkmale aufweist, die von Inländern (oder Ortsansässigen) leichter erfüllt werden können.“ (so zumindest der Bayerische Städtetag) Wenn das nicht auf die Celler Vergabekriterien zutrifft?

In den Beschlussvorlagen für den Stadtrat vermerkt die Verwaltung im übrigen auch immer die „Auswirkung für Integration“. Dies meinte die Verwaltung mit „Nein“ beantworten zu können.

Auf dem Foto die Bewerber*innen mit besten Chancen.