Bürgermeister Flader „beschlagnahmt“ Briefe

In unser Ausgabe #89 berichteten wir darüber, dass der Landkreis Celle das Verteilen von Flugblättern vor Rheinmetall in Unterlüß untersagt hatte, weil darin zum Whistleblowing aufgerufen würde. Mitarbeiter*innen sollten aufgefordert werden, die „illegalen Missstände in der Rüstungsexportpraxis Ihres Arbeitgebers aufzudecken“. Das Amtsgericht Lüneburg leitete zudem ein Ermittlungsverfahren „wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten“ gegen den Friedensaktivisten Hermann Theisen ein, der das Verteilen des Flugblattes beantragt hatte.
Im Juli wurde eine weitere Merkwürdigkeit bekannt. Theisen hatte auch die Mitarbeiter*innen der Gemeinde Südheide mit ihrer Rathausadresse angeschrieben. Diese Briefe erreichten ihre Adressat*innen nicht. Denn ihr Chef, der Bürgermeister Axel Flader, leitete die Post an die Staatsanwaltschaft Lüneburg weiter. Am 16. Juli ordnete das Amtsgericht Lüneburg die Beschlagnahme der Briefe an und genehmigte „klarstellend“ das Öffnen.

Die öffentliche Aufforderung zu Straftaten soll darin bestehen, dass Theisen die Mitarbeiter*innen der Gemeindeverwaltung gebeten hatte,
einerseits sich dafür einzusetzen, „dass von Ihrer Gemeinde keine illegalen Rüstungsexporte mehr ausgehen“,
andererseits das dem Brief beigelegte Flugblatt an ihnen bekannte Mitarbeiter*innen der Rheinmetall AG weiterzuleiten.

Zur Begründung schrieb Theisen u.a.:

„[...] als Mitarbeiter*in der Gemeinde Südheide wissen Sie sicher, dass die Rheinmetall AG in Unterlüß im Verdacht steht in illegale Waffenexporte verstrickt zu sein.
Deshalb war für den 8. Februar d.J. eine Kundgebung bei Rheinmetall in Unterlüß geplant, um gegen die in Teilen illegale Exportpraxis der Rheinmetall AG zu protestieren. Dabei sollte auch ein Öffentlicher Aufruf zum Whistleblowing an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der RHEINMETALL AG am Rheinmetallstandort in Unterlüß verteilt werden, den ich Ihnen als Anlage zukommen lasse.

Mit Bescheid v. 05.02.2018 wurde dies jedoch vom Ordnungsamt des Landkreises Celle verboten, nachdem zuvor Oberstaatsanwalt Thomas Vogel (Staatsanwaltsschaft Lüneburg) die Verteilung der Flugblätter als strafbar bewertet hatte. Diese Rechtsauffassung teilen wir nicht, weshalb wir das Flugblattverteilverbot dem Verwaltungsgericht Lüneburg im Rahmen einer Klage zur rechtsverbindlichen Klärung vorlegen werden.

Dass die Rheinmetall AG in illegale Waffenexporte verstrickt ist, wurde vielfach publiziert und Öffentlich diskutiert.
Erst vor wenigen Tagen hat die ARD hierzu einen Dokumentar?lm gezeigt:

http/www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/bomben-fuer-die-welt-video-102.html

Und selbst im Wort zum Sonntag fand dies Berücksichtigung

http:www.ardmediathek.de/tv/Das-Wort-zum-Sonntag/Lissy-Eichert-Stoppt-die-Rüstungsexport/Das-Erste/Video?bcastld=442936&documentld=49738516