Seit zwanzig Jahren erhalten Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl suchen, Gutscheine statt Bargeld. Bald ebenso lange gibt es Leute, die diesen diskriminierenden Umgang mit Menschen, die nach Europa vor Verfolgung, Hunger und Krieg flüchten mussten, nicht hinnehmen wollen. Sie tauschen diese Gutscheine gegen Bargeld ein und gehen selbst damit bei Aldi und Co einkaufen. Leider gab es nie genug, um allen Flüchtlingen diese Stigmatisierung und das Gefühl des hier nicht erwünscht seins zu ersparen. Inzwischen ist es den Kommunen in Niedersachsen durch einen Erlass des Innenministers Boris Pistorius möglich, Geld anstatt Gutscheine an Flüchtlinge auszugeben. Diese Verbesserung haben bisher 46 von 48 niedersächsischen Landkreisen umgesetzt, bzw. haben diese Umstellung angekündigt. Die Verwaltungsspitze des Celler Landkreises will neben dem Landkreis Vechta jedoch weiterhin an ihrer rassistischen Gutscheinpraxis festhalten. Allen voran Landrat Klaus Wiswe.
revista sprach mit einem Flüchtling, der zurzeit in Eschede lebt, über Gutscheine und andere Probleme, die Asylsuchenden hier das Leben schwer machen. Kleine Sprachunsicherheiten wurden durch die Interviewerin im Nachhinein verbessert.
?? Seit wann lebst du in Eschede und warum bist du aus deinem Heimatland nach Deutschland geflohen?
!! Ich bin seit drei Jahren in Deutschland und seit einem Jahr in Eschede. Ich komme aus dem Sudan. Dort bin ich vor dem Krieg geflohen. Meine Mutter lebt noch dort, meine Schwester und mein Vater wurden getötet.
?? Wie geht es dir in Eschede, wie sieht dein Alltag aus?
!! In der Sammelunterkunft, in der ich leben muss, leben 17 Personen. Ich lebe mit fünf anderen in einer Wohnung. Wir haben eine gemeinsame Küche, eine Dusche, eine Toilette und einen gemeinsamen Schlafraum, der auch Aufenthaltsraum ist. Es gibt häufig Auseinandersetzungen, weil wir nicht genug Platz haben. Wenn einer Musik hören will oder Fernsehen sieht, ist es so laut, dass ich nicht lernen kann. Ich besuche montags bis freitags vormittags einen Sprachkurs. Dafür muss ich doch lernen, weil ich ab September für vier Wochen ein Praktikum machen möchte. Die Sachbearbeiterin vom Sozialamt in Eschede hat zu mir gesagt, dass ich erst drei Jahre in der Sammelunterkunft leben muss, bevor ich eine eigene Wohnung bekomme. Warum gibt es hier immer noch Gutscheine für uns? Wenn ich damit einkaufen gehe, werde ich komisch angeschaut, ich schäme mich dann sehr.
Es gibt einen Mann, der gegenüber wohnt, der mich als Neger beschimpft und sagt, ich soll hier verschwinden. Was ist so schlimm daran, dass meine Haut schwarz ist?
Einmal in der Woche spiele ich in Eschede Fußball. Die Männer, mit denen ich Fußball spiele, sind nett, sie möchten mich aber nie besuchen, weil ich in der Sammelunterkunft wohne. Da wollen sie nicht hinkommen. Alle dort haben Langeweile. Es gibt nichts zu tun, wir dürfen ja nicht arbeiten und können auch sonst nicht viel machen, dafür fehlt das Geld. Immerhin haben wir jetzt einen Fernseher. Ich hätte auch gerne ein Konto, aber dazu habe ich kein Recht.
?? Was wünscht du dir für die Zukunft?
!! Ich wünsche mir nur eine Arbeit und eine eigene Wohnung, alles andere kommt dann schon.