Celler Punkband wird 18 und schenkt uns ein neues Album

Da es sonst ja in Celle wieder niemand macht, wollen wir's hier verkünden: ALARMSIGNAL, Celles mit Sicherheit bundesweit bekannteste Band, hat ein neues Album (LP/CD/Mp3) herausgebracht: ATTAQUE.

Die Band besteht jetzt 18 Jahre und „feiert“ ihre Volljährigkeit nun mit dem siebten Album. Und wie immer kriegen wir, was wir erwarten – und ein bisschen mehr. Also: Zunächst mal gibt’s klassischen Deutschpunk auf die Ohren. Steff, Borsti, Bulli und Kühn machen, was sie am Besten können: Schnelle Nummern mit guten Mitsing-Chören. Und wie immer guten Texten.
Bulli meinte in Mondio Bizarro beim Hamburger Radio FSK zwar, sie hätten ihren 100 gleichklingenden Songs nochmal 10 weitere hinzugefügt. Das trifft vielleicht zu für „Fck You“ oder „Rapide Bergab“ oder „Mach DIYn eigenes Ding“. Aber insgesamt tut soviel Untertreibung gar nicht not. „Fertig (Mit euch und eurer Welt)“ ist interessant arrangiert und hat einen Haufen schöner Breaks.

Und „Tot ist nur, wer vergessen wird“ oder „Von verkauften Idealen“ lassen Alarmsignal wie Singer/Songwriter-Nummer beginnen.

ALARMSIGNAL – das muss mensch ihnen sowieso lassen – geht’s immer auch um Inhalte. Schon auf den letzten Alben gab's Songs zu Tierrechtsthemen, diesmal: TYKE. Es ist die Geschichte vom Ende einer 20-Jährigen Zirkuselefantin, die im August 1994 ihren Trainer tötet, sich befreit, 30 Minuten durch Honolulu/Hawai läuft und schließlich von der Polizei erschossen wird – getroffen von 86 Schüssen. Klar geht’s im übertragenen Sinn auch um den Freiheits-Drang von Menschen aus dem (gefühlt) kapitalistischen Käfig/Zirkus. Und so wird dann auch die Musik stimmig.

Die Beschäftigung mit Sterben und Abschied in „Tot ist nur, wer vergessen wird“ klingt jetzt – zum 18-jährigen Bandbestehen – „erwachsen“ und könnte Gesprächsanlässe liefern (ich teile die Behauptung der Titelzeile z.B. nicht, und die beißt sich auch mit dem so wunderbaren Anti-Heroismus, den Band sonst auszeichnet).

Großartig – das muss gesagt werden, auch wenn Schopenhauer ein sexistisches und antisemitisches Arschloch war – ist der Song „Arthur's Bekenntnis (Und das unsere)“, dessen Refrain aus einem Schopenhauer-Statement besteht: „Ich lege hier für den Fall meines Todes das Bekenntnis ab, dass ich die deutsche Nation, wegen ihrer überschwänglichen Dummheit verachte und mich schäme, ihr anzugehören.“

web alarm2Ein bisschen überhoben hat sich die Band eventuell mit „Massaker von Celle“. Es geht um den 8. April 1945 und das Verbrechen wird auch gut auf den Punkt gebracht. Aber: Aus einer Identifizierung mit den Opfern folgt die These, dass die Täter auf deren Wunsch nach Freiheit geschossen hätten. Wahrscheinlich ist das alles komplizierter, als es sich in einem Refrain behandeln lässt. (Und von der Musik her wäre bei sowas eventuell mal ein Bezug auf die „Goldenen Zitronen“ sinnvoll.)

Insgesamt aber ein sehr schönes Album. Videos zum Reinhören gibt’s zu: „Labyrinthe aus Beton“, „Von verkauften Idealen“ und „Fertig (mit euch und eurer Welt)“.

Gerade tourt die Band, aber leider-leider steht Celle (noch) nicht auf auf der Liste.