Ein Rückblick auf die Personalversammlung bei der Stadt Celle am 5.12.2018

Der folgende Text ist als Flugblatt – verantwortet vom Ver.di - Fachbereich Gemeinden – Hannover-Heide-Weser – im Rathaus unterwegs gewesen. Wir machen Euch den Text zugänglich, weil wir finden, dass er ein bezeichnendes Licht auf die Stimmung im Rathaus liefert. Und der Chef, um den es hier geht, ist ja durch eine Wahl ins Amt gekommen.

Schade, dass der Herr Nigge schon weg war und wir die Diskussion nicht in der Versammlung führen konnten.

Man sagt, der Ton würde die Musik machen und die Mitarbeiter/innen der Stadt Celle erfahren tatsächlich bei der Personalversammlung, dass sie bis jetzt in der zweiten Liga geschmort haben, aber was für ein Glück, sie durch den Trainerwechsel wieder dabei sind, in die Erste aufzusteigen.

Ohne Zweifel klingen das bereits in Kürze Erreichte und die Vorhaben der Verwaltung nicht schlecht, die Belegschaft hört von guten Ansätzen, u.a. vom Leitbild und den Maßnahmen für eine familienfreundliche Stadt, von der Sanierungsoffensive für die Innenstadt, der Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren oder der Ansiedlung von Unternehmen. Vieles kommt allerdings so rüber, als ob bis jetzt Stillstand geherrscht hätte und erst jetzt, nach dem Trainerwechsel, endlich Bewegung in die Sache kommen würde. Wenn Fragen kommen, klingen die Antworten des OB in den Ohren der Mitarbeiter/innen ziemlich lapidar, manche fühlen sich abgekanzelt und teilweise so, als ob man nicht wirklich eine Diskussion auf Augenhöhe führen könnte. Dem Personal wird zugesagt, und heutzutage ist es schon was Wert (wenn man sich daranhält), dass Sparmaßnahmen niemanden persönlich treffen werden. Herr Nigge bedankt sich für die Unterstützung und Mitgestaltung durch die Mitarbeiter/innen. Allerdings spüren die Beschäftigten doch alltäglich im Betrieb, ob das ernst gemeint ist, ob es eine klare Führung gibt, ob die Stadtverwaltung bei Schwierigkeiten die Fürsorge für ihre Mitarbeiter/innen trägt, ob Transparenz über die Arbeitsziele herrscht, ob das Wissen der Beschäftigten abgerufen und ernst genommen wird, oder ob die Verantwortung einfach nach unten delegiert wird und man plötzlich Chef ist, ohne die Ressourcen dafür zu haben und (nicht ganz zweitrangig) ohne die Bezahlung dafür zu bekommen.

All die Vorhaben und Umstrukturierungen sind bis jetzt noch nicht durch betriebliches Gesundheitsmanagement und Personalentwicklungskonzepte flankiert worden. Der Kollege Christian Purps bringt am Anfang diese Aspekte ein und erläutert das Leitbild der „Guten Arbeit“. Doch Herr Nigge zeigt sich nicht besonders besorgt über die Abwanderung von Fachkräften, denn die Fluktuation bewege sich nach seiner Auffassung im Normalbereich. Personalentwicklung, Gesundheitsmanagement, Verringerung der Krankenstände: das alles wird zwar angekündigt, allerdings hat man dabei den Eindruck, dass der OB und die Stadtverwaltung nach der Devise vorgehen: Umstrukturierung, first! Bedenken und Wohl der Belegschaft, second! So kommt überwiegend die Botschaft rüber, wenn man sich mit den Kolleginnen und Kollegen unterhält, dass die Beschäftigten nur Kostenfaktor und reine Ausführer seien. Doch wissen wir bei ver.di ganz genau, dass sie doch diejenigen sind, die den Laden über jede OB-Wahl hinweg am Laufen halten.

Was dann noch schade und Vielen sauer aufstoßt ist, dass der OB nach seinem Beitrag und den Fragen an die Verwaltung die Versammlung verlässt und alle Führungskräfte mit sich nimmt. Wir haben heutzutage zwar alle viel zu tun, aber einmal im Jahr mit der eigenen Belegschaft für zwei Stunden bis zum Schluss zu sitzen, das ist doch machbar.

Schließlich macht das jede/r Minister/in bei der Versammlung im eigenen Ministerium auch. Es ist auch fatal, wenn damit das Signal in die Belegschaft gegeben wird, ab jetzt sei es nicht mehr wichtig zuzuhören.

So verpasst übrigens Herr Nigge den Beitrag der Gewerkschaft, die der Verwaltung auch ein Stimmungsbild der Belegschaft und nicht ganz unwichtig, Auskunft über das neue und anstehende Tarifgeschehen geben könnte. Denn die Verwaltung beschwert sich auch nicht selten über das Tarifrecht und die Tarifabschlüsse und zwar so, als ob ver.di sie am grünen Tisch schreiben würde und doch hier und da nicht aufgepasst hätte und nachbessern müsste. Als ob es nicht so wäre, dass ver.di Tarifverträge bei harten Verhandlungen mit unnachgiebigen Arbeitgeberverbänden abschließt, die nur darum bemüht sind, gute Vorschläge der Gewerkschaft abzulehnen und keine eigenen Verbesserungsideen einzubringen. Aber es ist bekanntermaßen müßig, auf „die da oben“ des VKA [Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände] zu schimpfen. Die Stadtverwaltung könnte, wenn ihnen so viel an ihren Mitarbeiter/innen liegt, die Gewerkschaft bei ihrer Arbeit unterstützen und das Signal geben, dass man sich dort einbringen soll, damit es besser für Alle ist. Stattdessen verlässt der OB mit den Führungskräften die Versammlung.

Noch ein Lehrstück in Sachen Wertschätzung

Wie Wertschätzung wirklich gemeint ist, zeigt auch ein ganz praktisches Beispiel, das in der Versammlung angesprochen wird. Den Erzieher/innen sollen die Fahrtzeiten für geteilte Dienste (wenn sie z.B. den Arbeitsplatz um 13.00 Uhr verlassen und abends um 17.00 Uhr nochmal zur Dienstbesprechung zurückkommen müssen) nicht mehr als Arbeitszeiten anerkannt werden. Die Antwort der Verwaltung lautet, die Tarifverträge sehen das nicht vor, also, schwarzen Peter der Gewerkschaft zugeschoben, gestrichen. Bingo. Wenn der Gewerkschaftsvertreter dazu was erwidert, greift der OB ein und meint, das sei hier keine ver.di-Diskussion, ver.di habe Zeit für einen eigenen Wortbeitrag später. Schade nur, dass dann der OB schon weg ist.

Eines kann aber den in den Kitas beschäftigten Kollegen und Kolleginnen gesichert werden, dass sich ver.di mit dieser Frage weiter befassen wird, denn geteilte Dienste sind belastend und zerreißen die Ruhezeit und die private Zeitplanung. Die Beibehaltung der Anerkennung der Fahrtzeiten zum zweiten Dienst wäre tatsächlich Ausdruck der Wertschätzung gewesen. Ver.di interessiert es darum nicht, ob das eine außertarifliche Leistung ist oder nicht, sondern vor allem, ob die Zeiten zwischen den Diensten doch nicht Annahmeverzug nach § 293ff BGB sind und gänzlich bezahlt werden müssen, denn entsprechende Gerichtsurteile hat es dazu schon gegeben. So wäre die Wertschätzung noch größer.

Zu guter Letzt, im Artikel der CZ vom 15.12.18, bezeichnet Herr Nigge als „Ballast“ einige Sozial- und Jugendprojekte, von denen man sich als Stadt trennen sollte, denn das sei der Job anderer. Viel Wertschätzung und Sachkenntnis geht aus solchen lapidaren Bemerkungen nicht wirklich hervor.

Aber wenn es kalt wird, haben wir bei ver.di auch gute Winterjacken und vor allem haben wir Ideen und Ahnung von dem, was in der Stadtverwaltung passiert und es lohnt sich, mit uns zu reden.