„Gelernt haben wir nix, wir haben nur unseren Charakter gefestigt.“

Frauen am Bauhaus – der ARD war's einen Themenabend wert (in der 3sat-Mediathek steht noch die Doku: „bauhausfrauen - Die vergessenen Pionierinnen einer Kunstbewegung“) und Patrick Rössler und Elizabeth Otto zeigen sie als „Wegweisende Künstlerinnen der Moderne“. Eine von ihnen hat einige Jahre in Celle gearbeitet: Katt Both war zwischen 1929 und 1933 im Büro von Otto Haesler tätig und anschließend noch für kurze Zeit bei Hermann Bunzel. Am 20. Juni hält Ute Maasberg von der Architektenkammer Niedersachsen einen Vortrag über die „Bauhausschülerin im Atelier von Otto Haesler“. Wir skizzieren hier kurz ihr Leben, basierend auf der Dissertation von Corinna Isabel Bauer „Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen“ aus dem Jahr 2003.

1905 als fünfte Tochter in eine evangelische Pfarrersfamilie geboren, besucht sie in Rotenburg (Hessen) eine Gymnasialabteilung der dortigen Realschule. Seit dem Wintersemester 1922 studiert sie zunächst an der Kunsthochschule Kassel, 1924 geht sie kurz an die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle (Saale), um nur wenige Monate später ins Bauhausstudium nach Weimar zu wechseln.

„Da bis zur Wiedereröffnung des Bauhauses in Dessau im Oktober 1925 kein Vorkurs stattfand, war Both im Sommer 1925 wahrscheinlich mit Ausbauarbeiten des Bauhausneubaus in Dessau beschäftigt. Im Wintersemester besucht sie die Grundlehre bei Albers und Moholy-Nagy bevor sie in die nun von Marcel Breuer geleitete Tischlerei eintritt. [...] In der Tischlerei wird sie ab dem Sommersemester 1926 als „Geselle“ geführt. Der von ihr entworfene „wandhohe Schrank“ wird im selben Jahr in das Warenmuster- und Lieferprogramm der Tischlerwerkstatt aufgenommen.“ (330f.)

1928 geht sie – ohne Abschluss – nach Berlin-Wilmersdorf, wo sie im Atelier Luckhardt und Anker mit einer Musterwohnung für die im Herbst stattfindende Ausstellung „Heim und Technik“ in München betraut wird. Für dieses Büro entwirft Both auch Grundrisse für Klein- und Geschosswohnungen im Auftrag der Reichsforschungsstelle.

Im März 1929 wird sie von Otto Haesler in Celle als erste weibliche Architektin, zuständig für Innenausstattungen, engagiert. Neben ihr holte sich Haesler noch zwei weitere Bauhäusler in sein Team: Hermann Bunzel und Walter Tralau. „Kein deutsches Architekturbüro hatte so viel Input aus dem Bauhaus zu bieten“, schrieb Ute Maasberg im Deutschen Architektenblatt. Der hohe Anteil an Bauhausschüler*innen, so wird gemutmaßt, sei u.a. Folge einer Exkursion des Bauhaus-Direktors Hannes Meyer mit Schüler*innen nach Celle, wo unter Leitung von Haesler u.a. die Altstädter Schule besichtigt worden war.

In Haeslers Büro ist sie u.a. an den Projekten Dammerstock Karlsruhe, Rothenbergsiedlung Kassel, Friedrich-Ebert-Siedlung Rathenow, Jugendherberge Müden, Direktorenwohnhaus Celle und dem Aschrotthaus Kassel beteiligt. Das Foto links zeigt sie auf der Baustelle Blumläger Feld (Foto:StA Celle).

Neben ihrer Mitwirkung unter den Männern im Büro Haesler (Foto unten, StA Celle) arbeitet sie immer wieder auch als Grafikerin und Fotografin. Erhalten sind die „Kartenlegerin“ (1929) und ein Reklameentwurf für „Attikah-Cigaretten“ (1931) – sowie „Bauhausfrauen in Aktion“ (1927) auf Seite 20 unten.

Als Haesler sein Büro in Celle aufgibt und nach Eutin geht, arbeitet Both noch kurz bei Hermann Bunzel und anschließend für unterschiedliche Architekturbüros in Kassel. Ende der 1930er Jahre kehrt sie nach Berlin zurück. Bei der Deutschen Arbeitsfront, dann in der Abt. Hauswirtschaft des Deutschen Frauenwerkes entwirft sie u.a. ein Frauenwohnheim sowie den Umbau eines Bauernhofes in eine Frauenschule im besetzten Polen. Ab Frühjahr 1942 arbeitet sie dann im Büro des bekannten Bauhaus-Architekten Ernst Neufert in Berlin.Nach Kriegsende kehrt sie nach Kassel zurück, baut ihr bombengeschädigtes Haus wieder auf und arbeitet dann zwanzig Jahre lang als Schätzerin in der Liegenschaftsabteilung Bauverwaltung der Stadt Kassel.

„Zur Verwirklichung der Bauaufgaben, die ich mir als Ziel meines Schaffens gesteckt habe und um derentwillen ich die Schwierigkeiten des Berufes und die mir reichlich entgegengebrachte Herabsetzung aushielt, fand ich keine Möglichkeit“, beschreibt Both 1947 ihre Gründe, das engere Berufsfeld zu verlassen.

Kattina Both stirbt 1985 an einem Gehirntumor in Kassel.

„Gelernt haben wir nix, wir haben nur unseren Charakter gefestigt.“ So resümierte Katt Both ihre Bauhauszeit. Als Studentinnen seien Frauen am Bauhaus erwünscht gewesen, in der Architektur jedoch entbehrlich, wenn nicht als unerwünscht angesehen worden. „Frauen haben in der Architektur nichts zu suchen“, erinnert sich Both 1984 an die aus ihrer Sicht kaum misszuverstehende Haltung am Bauhaus.

Quelle: Corinna Isabel Bauer, Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen. Genderaspekte im Spannungsverhältnis von Tradition und Moderne, Kassel 2003