Klimabewegung stellt Forderungen auf

Dass eine öko-soziale Bewegung ihr Thema zum Thema Nummer 1 der öffentlichen Diskussion machen kann, war in Deutschland bisher eigentlich nur möglich, wenn Bauplätze besetzt wurden oder Steine flogen. „Fridays for Future“ (F4F) hat's ganz ohne dies geschafft.

In Celle gab's im April und Mai erneut größere Aktionen. In den Osterferien kamen rund 250 Leute zu einer Demonstration und konterten so nebenbei die Stimmungsmache, die Schüler*innen hätten eigentlich nur Gefallen am Schwänzen. Und auch die „Meinung“, die Bewegung sei eher unpolitisch und konfliktscheu, wurde widerlegt.

Als in der CongressUnion die Frühjahrstagung der Deutschen Wissenschaftlichen Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und Kohle (DGMK) stattfand, kamen auf den Aufruf der Celler Fridays-Gruppe hin rund 300 zumeist junge Menschen. Hier zeigte sich, dass die junge Bewegung schon gut vernetzt ist: Es waren auch Fridays-Gruppen aus Uelzen, Peine und Hannover dabei.

Die Aktion selbst – nämlich eine Art Umzingelung des Tagungszentrums – war gut gewählt, weil sie den Konflikt klar abbildet, aber gleichzeitig absolut anschlussfähig war. Äußerst sympathisch fanden wir (jetzt als Zeitung) auch, dass die Abschlusskundgebung im Schlosspark stattfand – also in angenehmer Umgebung und mit dem Zweck die demonstrierenden nochmal zusammenzuführen und für Weiteres zu motivieren.

Erstaunlicherweise waren die Vertreter*innen der Fossilen auch ohne inhaltliche Kampagne in der Defensive und boten „Gespräche“ an, wo sie vor kurzem außer ostentativer Verachtung höchstens noch den Spruch parat gehabt hätte, man solle erstmal Arbeiten gehen.

Das Ganze funktioniert so gut, weil die Eltern- und Großeltern nicht wirklich ein Argument haben, gegen die Behauptung, sie hätten ihren Kindern und Enkeln die Zukunft geklaut.

Und aus einer Mischung von schlechtem Gewissen und Public Relations will sich fast jede gesellschaftliche Gruppe mit F4F schmücken; fast alle bieten den Sprecher*innen der Bewegung ein Podium – für Celler Aktivist*innen zum Beispiel die „Pulse of Europe“-Initiative oder die Synode der Landeskirche Hannover.

Die Frage ist, ob sich aus dieser Umarmung über kurz oder lang eine Vereinnahmung entwickeln kann. Der politische Forderungskatalog den die Bewegung aufgestellt hat, sollte eigentlich dagegen ein Bollwerk bilden; wir zitieren einige Passagen:

„Die Klimakrise stellt für die Stabilität der Ökosysteme unseres Planeten und für Millionen von Menschen eine existenzielle Bedrohung dar. […] Fridays For Future fordert die Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5°C-Ziels. Explizit fordern wir für Deutschland: Nettonull 2035 erreichen, Kohleausstieg bis 2030, 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035. Entscheidend für die Einhaltung des 1,5°C-Ziels ist, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich stark zu reduzieren. Deshalb fordern wir bis Ende 2019: Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger. 1/4 der Kohlekraft abschalten. Eine Steuer auf alle Treibhausgasemissionen. Der Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut UBA sind das 180 € pro Tonne CO2.“

Nichts davon ist aktuell kompatibel mit den Programmen von Parteien, oder gesellschaftlichen Großgruppen wie Gewerkschaften oder Kirchen.