Weltweit erklären Regierungen und Stadträte den Klimanotstand (Climate Emergency)

Einen Tag, nachdem das Londoner Unterhaus am 1. Mai für ganz Großbritannien den Klimanotstand beschlossen hatte, stimmte der Stadtrat in Konstanz einstimmig für eine Resolution, die ebenfalls den Klimanotstand ausrief. „Getrieben“ sahen sie sich in beiden Fällen von der Klimabewegung. In London hatte die Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion (XR) mit Straßenblockaden das Thema auf die Titelseiten der Zeitungen gebracht. In Deutschland hat sich das politische Klima mit der „Fridays4Future“-Bewegung gedreht. Und die war in der Stadt am Bodensee Initiatorin der Resolution. Und ähnliche Beschlussvorlagen dürften demnächst landauf, landab auf den Tagesordnungen der Städte und Gemeinden stehen.

In Celle war die SPD mal am schnellsten. Per Copy & Paste (siehe links) brachte sie die Konstanzer Resolution auf die Tagesordnung des Stadtrates. Abgestimmt wird am Donnerstag, den 27. Juni – also noch kurz vor den Sommerferien. Es könnte eine strittige Entscheidung werden. Entscheidend ist die CDU-Ratsfraktion, die aber gerade in der letzten Ratssitzung dafür gesorgt hat, die Klimaschutzförderung faktisch zusammenzukürzen. Und auch wenn die Resolution nicht wirklich Klimaschutzmaßnahmen in Kraft setzt - sich für eine „grundlegend veränderte Verkehrspolitik“ einzusetzen, dürfte der CDU schwer fallen. Denn die wäre das Gegenteil von Forderungen nach Ostumgehung und gegenläufigem Nordwall (übrigens insoweit auch seitens der SPD-Ratsfraktion einigermaßen schizo). Was tatsächlich im Ratsalltag auch nerven würde, sind die Kästchen. Denn würde es Ernst genommen, gäbe es erstmal fast nichts, das nicht negative Auswirkungen auf den Klimaschutz hat. Selbstverständlich müsste sich dann der Oberbürgermeister und seine kleine Delegation nicht nur von Bürger Müller fragen lassen, warum der Besuch der Partnerstadt Meudon denn nicht auch mit der Bahn geht und unbedingt geflogen werden muss.

Sollte sich in Celle eine Mehrheit finden, wäre die Stadt Teil einer weltweiten Bewegung: Unter der Überschrift „Climate Emergency“ – so der englische Begriff – haben über 450 Kommunen bis heute ähnlicher Resolution verabschiedet; als Vorreiterinnen vertreten sie mehr als 40 Millionen Menschen.

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Der Antrag - dokumentiert:

Der Rat der Stadt Celle erklärt den Klimanotstand und erkennt damit die Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an.

Weiter erkennt der Rat der Stadt Celle an, dass die bisherigen Maßnahmen und Planungen nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Der Rat berücksichtigt ab sofort die Auswirkungen auf das Klima bei jeglichen Entscheidungen, und bevorzugt Lösungen, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken. Hierzu wird für sämtliche politische Beschlussvorlagen ab Juni 2019 das Kästchen „Auswirkungen auf den Klimaschutz“ mit den Auswahlmöglichkeiten „Ja, positiv“, „Ja, negativ“ und
„Nein“ verpflichtender Bestandteil. Wird die Frage mit „Ja, positiv“ oder „Ja, negativ“ beantwortet, muss die jeweilige Auswirkung in Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzbeauftragten in der Begründung dargestellt werden.
Der Rat der Stadt Celle fordert den Oberbürgermeister auf, dem Stadtrat und der Öffentlichkeit jährlich über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduktion der Emissionen Bericht zu erstatten.

Der Rat der Stadt Celle fordert auch andere Kommunen, die Bundesländer und die Bundesrepublik Deutschland auf, dem Vorbild zu folgen und den Klimanotstand auszurufen. Insbesondere macht er Land und Bund darauf aufmerksam, dass ein vollständiges Einhalten der Klimaschutzziele auf kommunaler Ebene unter den derzeitigen Rahmenbedingungen noch nicht möglich ist.

Erst ein vollständiger Abbau weiterhin bestehender Subventionen für fossile Energieträger, eine sozial gerecht ausgestaltete CO2-Bepreisung, eine grundlegend veränderte Verkehrspolitik und eine klimaschutzkonforme Förderung des sozialen Wohnungsbaus würden hier das dringend benötigte Fundament legen.

Abschließend fordert der Rat der Stadt Celle auch die städtischen Beteiligungen und Tochterunternehmen dazu auf, sich verstärkt mit ihren Möglichkeiten im Klimaschutz auseinanderzusetzen und dem Gemeinderat dazu vor Jahresende Bericht zu erstatten.