Kann Unterlüß zu einem neuen Ausgangspunkt für eine Bewegung werden, die wirkmächtig die deutsche Rüstungsexportpolitik in Schranken verweist? Ja. Rheinmetall steht wie nie zuvor unter gesellschaftlicher Beobachtung und ist lange nicht gekannter Kritik ausgesetzt.

Wenn auch wahrscheinlich nicht am Standort selbst: Repräsentative Umfragen weisen aus, dass Zwei-Drittel der deutschen Bevölkerung den Verkauf von Waffen und anderen Rüstungsgütern an andere Staaten ablehnt. 80 Prozent sprechen sich gegen jegliche Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete aus.

Die Parteien setzt dies unter Druck, worauf sowohl die Bundesregierung wie auch der Konzern selbst mit Strategien reagieren, die die nationale Entscheidungsgewalt unterminieren sollen: Die Regierung operiert mit einer Erzählung, wonach in europäischen Rüstungskooperationsgeschäften die deutsche Haltung nicht durchsetzbar sei. Und Rheinmetall verlagert kritische Operationen zunehmend in ausländische Tochterfirmen.

Dass Umfrageergebnisse und der Druck sozialer Bewegung sich bruchlos in Regierungshandeln umsetzen, ist illusionär. Aber: Einer der weniger Punkte, an denen das Handeln von Bündnis '90/Die Grünen sich nicht von der Programmatik unterscheidet, ist bisher die Frage der die Rüstungsexportkontrolle. Und hier sprechen wir von einer Regierungspartei in spe.

Unabhängig von derartigen Erwartungen muss es darum gehen, viel grundsätzlicher dahin zu kommen, dass Krieg kein Mittel der Politik sein darf. Auch hierzu können Camp, Aktionen und die Demonstration etwas beitragen. Nämlich: Dieses Feld wieder von einer politischen Linke zu besetzen. Denn seien wir ehrlich: Friedenspolitik im weiten Sinne ist in den letzten Jahren nichts gewesen, dass außerhalb von – absolut wichtigen Expert*innen-Zirkeln und den Demonstrationen gegen die Münchener Sicherheitskonferenz – großes Interesse hervorgerufen hätte. Dies muss sich ändern, was allein ein Blick auf aktuelle Kriegs- und Krisenkonstellationen deutlich macht.

Das Camp wird wieder von einem Bündnis getragen, das schon im letzten Jahr verantwortlich war und sich zusammensetzt aus Vertreter*innen der Interventionistischen Linke, Kurdistan-Soli-Initiativen, attac, Gewerkschaftslinke und und. Die Demonstration wird von rund 100 Gruppen und Initiativen unterstützt, darunter die niedersächsischen Landesverbände von Bündnis '90/Die Grünen und Die Linke – und auch Gruppen, die zuletzt den Protest gegen Rheinmetall vorangetrieben haben wie urgewald e.V., die Ethecon Stiftung Ethik & Ökonomie oder die Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI). Aus Celle sind die „üblichen Verdächtigen“ dabei.

Im vergangenen Jahr war die Beteiligung von Menschen aus Stadt und Landkreis Celle – sagen wir mal - „übersichtlich“. Wir möchten unsere Leser*innen deshalb ermuntern, sich einfach mal im Camp umzuschauen und an einem der Angebote teilzunehmen. Wichtig ist selbstverständlich auch die Demonstration, zu der es diesmal mehr als 500 Teilnehmende werden sollten. Lest den Aufruf auf der Webseite des Bündnisses und schaut, ob ihr euch darin wiederfindet.

Für die gesamten Tage wie auch für die am Freitag geplante Blockade gibt es einen gemeinsame Vereinbarung:

„Von uns wird keine Eskalation ausgehen und wir gefährden keine Menschen. Im Kontakt mit Polizei oder Werkschutz werden wir uns auf keine Provokationen einlassen. Bei Aktionen Zivilen Ungehorsams werden wir uns nicht von baulichen Hindernissen aufhalten lassen und Absperrungen gegebenenfalls durch- oder umfließen. Wenn wir Straßen oder Einfahrten blockieren, tun wir dies hauptsächlich mit unseren Körpern und mit kreativen Mitteln. Durch Drohungen mit juristischer Verfolgung werden wir uns nicht abschrecken lassen. Möglichen Rechtsfolgen werden wir gemeinsam und solidarisch begegnen. Unsere Aktionen werden ein Bild der Vielfalt, Kreativität und Offenheit vermitteln. Sie richten sich nicht gegen die Arbeiter*innen von Rheinmetall, sondern gegen das von ihnen produzierte Kriegsgerät. Die Sicherheit aller Beteiligten ist für uns wichtig.“

Unser TAGESBEFEHL an die Leser*innen also lautet: Beteiligt euch!