Demo gegen Nazitreffen am 21.12.2019

Es fing alles an, wie immer. Das Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus und der DGB Nord-Ost Niedersachsen meldeten frühzeitig die Demo gegen das Nazitreffen an, wie im Herbst sollte die Route am NPD-Sitz in Eschede (Zum Finkenberg 1) vorbei laufen, dort wurde dann eine ca. einstündige Kundgebung angemeldet.

Nachdem die Demo im Herbst prima gelaufen war, gab es das Signal vom Landkreis, dass am 21.12. alles so durchgeführt werden kann, wie geplant.

Schon vorher wurde gemunkelt, dass sich in Eschede etwas tut. Anscheinend hat der Verkauf des Nahtzhofes an den NPD Landesverband Niedersachsen zu Unruhe in Eschede geführt. Es gründete sich ein Kreis aus Politik, Verwaltung und Kirche und suchte nach einem Umgang mit der nun entstandenen Situation. Dafür wurden auch zwei externe Berater angeheuert. Ein Gespräch mit dem Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus, das seit Jahren gegen das Nazizentrum agiert, wurde nur im kleinsten Rahmen gesucht. Einer der Berater sprach mit einer Person vom Netzwerk, mehr war nicht gewollt. Das Gespräch war recht unergiebig.

Der Berater ließ durchklingen, dass es aus seiner Sicht am Besten wäre, die Demonstrationen sein zu lassen und dem Problem mit den Nazis keine Beachtung zu schenken. Mit dieser Sichtweise stößt er beim Netzwerk Südheide selbstverständlich gar auf kein Verständnis. Eine Erkenntnis des Netzwerkes lautet: Da wo Nazis ungestört sind und ihre Ruhe haben, machen sie sich breit.
Unruhe kam erst auf, nachdem die NPD für den 21.12.2019 ebenfalls eine Demonstration angemeldet hatte, und zwar so, dass sich diese Nazidemo mit der Demonstration der Antifaschist*innen kreuzen würde.

Die Anmelder*innen der antifaschistischen Demonstration hielten an ihrem Konzept fest und planten nicht den Verlauf ihrer Veranstaltung in Eschedes Ortskern zu verlegen, um sich dort evtl. langlaufenden Nazis in den Weg stellen zu können.

„Wenn wir in Sicht- und Hörweite zum NPD-Hof unsere Kundgebung durchführen, dann stehen wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, so die Anmelder*innen.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass der oben genannte Kreis aus Eschede für den 21.12.2019 eine Abendveranstaltung plane. Eschedes Bürgermeister, Günter Berg, kündigte an, ebenfalls an der Demonstration vom Celler Forum und DGB teilzunehmen.

Am 6.12.2019 kündigte die Gemeinde Eschede den genaueren Ablauf der Abendveranstaltung „Unsere starke Stimme für Eschede“ an, bei der sich Bürgerinnern und Bürger versammeln, um miteinander zu singen und einander zuzuhören. Dazu schrieb die CZ am 7.12.2019: „Die Gemeinde Eschede und die Johanniskirche wählen eine andere Form [als die Demonstration von Forum und DGB, Anm. revista], um sich gegen den Aufmarsch der rechten zu positionieren – eine friedliche Zusammenkunft.“ Diese Aussage ist spaltend, abgrenzend und diffamierend, denn er unterstellt der Demonstration von Forum und DGB, sie sei nicht friedlich. Übelste Stimmungsmache. Weiter steht in dem CZ-Artikel, dass Eschede im Umgang mit den Nazis „keine klare Kante“ zeigen wolle, mit der Haltung wäre in der Tat eine Zusammenarbeit mit Netzwerk Südheide, Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus und dem DGB (alles Organisator*innen der Antifa-Demo) schwierig.

Weiter unten heißt es dann auch noch, dass sich nach Gesprächen mit Bürgern zeigen würde, dass viele Menschen diese Form des „stillen Protests“ wünschen würden, damit ist anscheinend eine starke Gemeinschaft gemeint, warum diese „still“ sein muss, erschließt sich nicht. Erfreulicher Weise fand wenigstens von der Escheder Pastorin keine Abgrenzung statt, sie sieht die Abendveranstaltung als „ergänzendes Angebot“ zur Demonstration am Nachmittag.

19.12.2019: Drei Tage vor der Demonstration war der Landkreis endlich damit fertig, die Auflagen für die angemeldeten Demonstrationen auszuarbeiten und bekannt zu geben. Wie erwartet wurde die Veranstaltung des Celler Forums gegen Gewalt und Rechtsextremismus und des DGB Nord-Ost Niedersachsen nicht eingeschränkt, es wurde bestätigt, dass sie wie geplant stattfinden kann. Den Nazis wurde auferlegt zwei Stunden vorher mit ihrer Demo zu starten und die Route wurde verkürzt.

Am Vortag, also am 18.12., habe lt. CZ Günter Berg mitgeteilt, dass der Gemeinderat an der Demonstration am Nachmittag teilnehmen würde.

20.12.2019: Wieder ein Riesenartikel in der CZ. Es ist deutlich erkennbar, dass dieser mediale Hype und der Aktionismus in Eschede der angekündigten Nazidemo geschuldet ist. Dass die Nazis sich seit Jahren auf dem Escheder Nazihof treffen und vernetzen, war bisher anscheinend kein Grund für Eschede, dermaßen wahrnehmbar (also nicht still) gegen die Nazitreffen zu agieren. Lediglich 2007, also vor mehr als 12 Jahren, gab es in Eschede Bewegung anlässlich eines Treffens der Heimattreuen Deutschen Jugend auf dem Hof Nahtz. Die Tatsache, dass in Eschede Kindern ein „am Nationalsozialismus orientiertes Weltbild“ vermittelt wird, ging einigen dann doch zu weit. Es folgten diverse Veranstaltungen in Eschede, aber glücklicher Weise wurde 2009 die HDJ verboten und leider wurde es damit in Eschede wieder still. Bis jetzt.

Nun, einen Tag vor der angekündigten Nazidemo heißt es, es sei damit eine „neue Dimension“ erreicht. Und nun wurde in Eschede auch ein neuer Ton angeschlagen: „Die Gemeinde und die Johanniskirchengemeinde (...) sprechen sich dafür aus, an beiden Veranstaltungen teilzunehmen.“ (CZ) Berg wird mit den Worten zitiert: „Es sind zwei sich ergänzende Protestveranstaltungen (...).“ Die Gemeinde widerspricht einem ihrer externen Berater, der von einem festgefahrenen Pro und Kontra sprach und davon, dass man die konfrontative Haltung ignorieren wolle. Lt. CZ sei die Situation in Eschede so nicht mehr. Rat und Verwaltung rufen zu beiden Veranstaltungen auf. Also - geht doch.

Am 21.12.2019 fanden sich einige Antifaschist*innen bereits ab 12.00 Uhr beim Bahnhof in Eschede zusammen. Auch aus Eschede war zu hören, dass sich Gemeindevertreter*innen mit Bannern im Dorf treffen wollten, um die Nazis sozusagen in Empfang zu nehmen und ihnen deutlich zu machen, dass Eschede sie nicht im Dorf haben will. Die Antifaschist*innen wollten die Nazis nicht empfangen, sondern ihnen entgegen gehen, sich ihnen entgegen stellen. Einige Escheder*innen schlossen sich an. Schließlich war eine große Gruppe von 200 Personen, die ständig größer wurde, auf der Kreuzung Zum Finkenberg / Am Dornbusch. Das führte dazu, dass die Nazis auf der Straße „Zum Finkenberg“ stoppen und nach längerem warten, verhandeln und meckern umdrehen mussten. Inzwischen kamen auch die Escheder*innen und schließlich konnte die angemeldete Veranstaltung von Celler Forum und DGB beginnen.

650-700 Menschen zogen zum Hof Nahtz – ein beeindruckendes Bild. Es waren Menschen fast jeden Alters dabei, aus nah und fern. Antifas, Omas gegen Rechts, Parteivertreter*innen, Gewerkschafter*innen, Kirchenleute - eine kunterbunte, laute, entschlossene Demonstration mit vielen Fahnen und Bannern. Selbstverständlich auch mit Redebeiträgen und mit Musik. Selbst alkoholfreier Punsch war vor Ort. Es war ein starkes Zeichen von Entschlossenheit und beherztem Widerstand.

Und im Nachhinein waren es dann alle, die die Nazis aufgehalten haben und dieses kraftvolle Zeichen gesetzt haben. Sicher haben alle dazu beigetragen. Aber gerade die, die „zum Jagen getragen werden“ mussten, also z.B. die Organisator*innen der Abendveranstaltung, haben es tatsächlich geschafft sich bei der Abendveranstaltung der „Starken Stimmen“ gegenseitig auf die Schultern zu klopfen für die gelungene Demonstration, ohne mit einem Wort das Celler Forum, den DGB oder das Netzwerk Südheide zu erwähnen.

Wie dem auch sein. Jetzt muss sich zeigen, wie eine Zusammenarbeit, ein Miteinander in Zukunft aussehen kann. Denn es ist völlig klar, dass mit einer einmaligen gemeinsamen Aktion das Problem nicht gelöst ist.

Und was passierte am 21.12. auf dem NPD-Hof? - Nachdem die neun genervten Nazis ihre Minidemonstration beenden mussten und wieder mit ihrem Lautsprecherwagen auf dem Hof waren, war es die Hauptbeschäftigung der Nazis zu fotografieren, vermummt und bewaffnet auf dem Grundstück am Zaun zu patrouillieren. Zu den Wortführern soll laut „blick nach rechts“ Dennis Bührig anwesend gewesen sein. Bührig ist in Celle kein Unbekannter, er war führendes Mitglied der damaligen Celler Nazi-Kameradschaft. Da durch die Antifaschistische Demonstration die Anreise für die Nazis schwierig war, kamen viele erst nach Ende der Demo. Laut Polizei Celle waren ca. 80 Personen auf dem NPD-Hof zur sog. Wintersonnwendfeier. Das zeigt wie wichtig es ist an diesem Problem dran zu bleiben.

Weiter gemeinsam gegen die Nazitreffen!

PS.: Kurz vor Redaktionsschluss entdeckten wir einen neuen Blog: https://eschedenazifrei.noblogs.org