Nach drei Warnstreiks gibt es jetzt eine Urabstimmung über Streik

Der Celler Firma Delta Systemtechnik steht ein Streik ins Haus, denn der Arbeitgeber weigert sich, über die Anbindung an den Flächentarifvertrag der IG Metall überhaupt zu verhandeln. Wir sprachen mit Lennard Aldag von der IG Metall (siehe Foto rechts).

??: Wie groß ist die Firma eigentlich und was wird dort produziert?

!!: Die Firma hat knapp 100 Beschäftigte. Sie bauen Frischwarmwasserstationen für Neubauten, Solarübergabestationen und ähnliches – also Technik im Bereich der Erneuerbaren Energien. Delta Systemtechnik gehört als 100-prozentige Tochter zum finnischen Uponor-Konzern, der mehrere Firmen in Deutschland hat.

??: Was fordern die Beschäftigten?

!!: Sie wollen eine Anbindung an den niedersächsischen Flächentarifvertrag der Metallindustrie. Die Forderung ist übermittelt, aber der Arbeitgeber weigert sich zu verhandeln.

??: Es geht um Geld?

!!: Ja, es geht auch und vor allem um Geld. Als sich vor zwei Jahren der Betriebsrat gegründet hat, lagen etliche Beschäftigte nur knapp über dem Mindestlohn. Von den Tarifentgelten waren viele um mehr als 30 Prozent entfernt. Das ist heute nicht mehr bei allen so, weil der Arbeitgeber zwischenzeitlich einige Kolleg*innen in Tarifnähe gehoben hat. Aber am nächsten Tag gab es trotzdem einen Warnstreik. Das hat den Arbeitgeber, denke ich, schon irritiert. Aber die Beschäftigten wissen ja einerseits, dass eine einmalige Erhöhung für die Zukunft nicht viel bedeutet. Und andererseits geht es bei der Anbindung an den Tarifvertrag ja auch um mehr, Arbeitszeiten, Weihnachts- und Urlaubsgeld und vieles andere.

??: Die drei Warnstreiks bisher – erst eine Stunde, dann drei und dann 24 Stunden – haben nicht die erhoffte Wirkung gezeigt. Wie geht’s jetzt weiter.

!!: Die Gewerkschaftsmitglieder werden jetzt in einer Urabstimmung über den Streik entscheiden und über die Forderungen. Wir von der IGM Geschäftsstelle organisieren dann das Ganze drumherum: Streikkomitee, Aktiventreffen, Beratung usw.

??: Die Geschäftsführung hat bisher ja auf stur geschaltet und sogar versucht, ein Betriebsratsmitglied rauszuschmeißen.

!!: Eine Stunde nach dem Warnstreik vom letzten November wurde der Kollege von der Arbeit freigestellt und beim Betriebsrat die Zustimmung zur Entlassung beantragt. Da der Betriebsrat die Zustimmung nicht erteilte, hatte der Arbeitgeber versucht, sich diese beim zuständigen Arbeitsgericht in Celle ersetzen zu lassen und war dort schon in erster Instanz krachend gescheitert. Trotzdem war der Arbeitgeber nicht bereit, ihn wieder an seinen Arbeitsplatz zu lassen. Mit dem Rechtsschutz der IG Metall wurde ein Antrag an das Arbeitsgericht auf Weiterbeschäftigung gestellt werden. Mitte Juni konnte der Kollege nach über sechs Monaten wieder an seinen Arbeitsplatz. Ich denke, hier sollte ein Exempel an einem engagierten Betriebsrat statuiert werden.

??: Was denkst du, warum auf Seiten der Geschäftsführung so gar keine Verhandlungsbereitschaft vorhanden ist?

!!: Zum einen ist der Geschäftsführer auch Gründer der Firma gewesen. In solchen Fällen erleben wir häufiger, dass die überhaupt nicht verstehen, wenn andere – in diesem Fall die Beschäftigten – ihnen „reinreden“ wollen. Ich habe aber eher, ob der Uponor-Konzern bei seinen deutschen Niederlassungen schlicht die Gewerkschaften draußen lassen will – also tariffreie Zone bleiben will. Weil, wenn ich auf Umsatzrenditen und Dividenden des Konzerns schaue, liegt's nicht daran, dass das Geld nicht da wäre. Deshalb schauen wahrscheinlich auch viele Beschäftigte in den anderen deutschen Firmen des Konzerns nach Celle, und hoffen darauf, dass hier ein Durchbruch in der Tariffrage erzielt werden kann.

Foto: Mitte Dezember 2019 hatte der DGB Region Nord-Ost-Niedersachsen bei Delta die "Tarifbaustelle" eröffnet und die Firma symbolisch abgesperrt. (Foto: DGB Region Nord-Ost-Niedersachsen)