Sogenannte „Haldenabdeckung Wathlingen“

Aus der Abraumhalde des ehemaligen K+S Bergwerks in Wathlingen werden durch Niederschläge laufend Salze ausgewaschen. Deshalb müsste sie aus Gründen des Umwelt- und Gesundheits­schutzes dringend saniert werden. Selbst nach dem derzeitig gültigen, relativ laschen Bergbau­recht müsste diese Abraumhalde schon längst „zurückgebaut“ oder „gesichert“ werden. Technisch gesehen eigentlich keine schwierige Aufgabe: Alles zurück in die alten Schächte und Stollen oder eine 100%-ig dichte Abdeckung oder eine dichte Umschließung der Halde oder eine Umlagerung der gesamten Halde in ein absolut dichtes Endlager. Doch statt für eine echte Sanierung Geld auszugeben, will K+S lieber ein Geschäft daraus machen und die Halde erstmal für Jahrzehnte als gewinnträchtige Bauschutt-Deponie nutzen. Und so wird der Streit um die sog. „Haldenabdeck­ung“ bzw. „Sanierung“ der Abraumhalde zum Lehrstück in Sachen allzu freie Marktwirtschaft: Als die Geschäfte noch hervorragend liefen, kassierten K+S und seine Aktionäre Jahrzehnte lang ab. Jetzt, wo es um den „Rückbau“ geht und K+S hoch verschuldet ist, soll die Allgemeinheit die Kosten tragen und sei es „nur“ in Form von Umweltschäden und Gesundheitsbeeinträchtigung der Anwohner.

Altes Nazi-Bergrecht bricht modernes Umweltrecht

Die Genehmigungen für diese Form des „Rückbaus“ lässt sich K+S nach dem Bundesberggesetz (BbergG) vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen (LBEG) erteilen. Das LBEG muss, wenn es (nach seinen „exterritorialen“ Kriterien) die Erlaubnis erteilen will, zwar noch das Einvernehmen mit den lokalen Behörden (hier Landkreis und Gemeinde) herstellen. Doch wie wir noch sehen werden, ist das eine eher formale Angelegenheit. Denn im Gegensatz zu anderen Industrien, die mit TA Luft, Abwasserverordnung und Umweltverträglichkeitsprüfungen inzwischen stark überwacht und reglementiert sind, haben Bergbaubetriebe aufgrund des davon entkoppelten Bergrechts weitgehend freie Hand.

Was vom deutschen Bergrecht zu halten ist, liest man am Besten bei einer anderen staatlichen Behörde, dem Umweltbundesamt (UBA) nach: „Das BBergG dient vor allem dazu, die sichere Versorgung des Marktes mit Rohstoffen über ein effizientes Konzessions- und Genehmigungs­verfahren zu fördern. Dies wird besonders deutlich durch die sogenannte Rohstoffsicherungs­klausel. Hiernach sind öffentlich-rechtliche Vorschriften, die der Aufsuchung und der Gewinnung von Rohstoffen entgegenstehen, nur soweit anzuwenden, dass der Bergbau in möglichst geringem Maße beeinträchtigt wird. ... Aus Umweltschutzsicht erweist sich das BBergG über die Jahrzehnte seines Bestehens als erstaunlich undurchlässig für die Integration von umwelt- und naturschutzrechtlichen Anforderungen.“ Deshalb sind Umweltverträglichkeitsprüfung und Aus­gleichsmaßnahmen im aktuell geltenden Bergrecht nicht vorgesehen.

Diese Privilegierung ist kein Wunder, schließlich geht das derzeit gültige Bergbaurecht noch auf das alte Bergrecht Preußens von 1864 zurück, das im Dritten Reich im Rahmen der Kriegsvor­bereitung und Kriegsführung zwischen 1934 und 1942 zu einem gemeinsamen Bergrecht zusammengefasst und „verschärft“ wurde. Im Sinne der Kriegswichtigkeit wurden dem Bergbau darin eine Fülle von Privilegien erteilt, die in der Bundesrepublik leider fast unverändert übernommen wurden.

Der aktuelle Zustand der Halde: äußerst sanierungsbedürftig

Die Produktion im Kalisalz-Bergwerk „Niedersachsen“ bei Wathlingen wurde von K+S 1996/1998 eingestellt. Bis dahin war auf einer Fläche von 25 ha eine Abraumhalde von 85 m Höhe ent­standen. Dieser „Kali-Berg“ besteht bis zu ca. 95% aus Natriumchlorid. Niederschläge sorgen dafür, dass jährlich 70.000 m3 Salzwasser aussickern. Ein Teil landet wohl in den alten Bergwerk­schächten, die gerade ohnehin geflutet werden. Ein Teil versickert ins Grundwasser oder fließt in die Ober­flächengewässer wie Thöse und Fuhse. Inzwischen ist anzunehmen, dass die Halde durch ihr hohes Gewicht so tief in den Boden eingesunken ist, dass die untersten Salzschichten auf Höhe des Pegels des Grundwassers liegen und dieses versalzen können. Eigentlich war K+S ver­pflichtet, bis 2008 einen Sanierungsplan (Rückbaupflicht laut Berggesetz) vorzulegen. Doch erst nach einer „Mahnung“ 2011 kündigte K+S 2014 ein Sanierungskonzept an. Doch schon damals hieß das Ziel von K+S nicht Beendigung der Salzauswaschungen, sondern (Originalton K+S) ledig­lich „Minimierung (!) des Anfalls salzhaltiger Haldenwässer.“ Auf der WebSite von K+S wird behauptet, dass diese Art von unvollständiger Haldensanierung ein selbstverständ­licher Standard sei. Eine Halde gilt laut K+S als saniert, wenn die Haldenabwässer auf 20% der Salzfracht abgesenkt sind.

Das „Abdeckungskonzept“ in Kürze

Wir beziehen uns nachfolgend auf die aktuellste Darstellung, wie sie K+S im Juni 2020 im Kreistag unter der Überschrift „Nachhaltige Lösung zur Minimierung des Anfalls salzhaltiger Halden-Wässer“ präsentierte:

Abdeckung der Halde durch Verwertung von Bodenaushub und von Bauschutt (mineralische Abfälle) als Beitrag zur Entsorgungssicherheit, Begrünung der Abdeckung und eine mögliche Nachnutzung als Erholungsraum. Abdeckung und Begrünung sollen laut K+S analog dem Konzept von Sehnde (die „Abdeckung“ der dortigen Kalihalde ist demnächst abgeschlossen) erfolgen. Dazu soll die Halde abgeflacht werden (Vergrößerung von 25 ha auf 43 ha) und mit ca. 14 Mio. t (ca. 600.000 t im Jahr) Abdeckmaterial überdeckt werden.

Dazu würden ca. 25 Jahre lang werktäglich von 7h bis 17h ca. 100 Lkw (= 200 Voll-Leer-Fahrten) die Halde über Hänigsen, Wathlingen und Nienhagen anfahren.

Insgeheim hat K+S aber Betriebszeiten von 6h bis 22h beantragt. Laut K+S wurden zur Abdeck­ung bzw. Deponierung „beispielhaft“ folgende mineral­ischen Abfälle beantragt: Bodenaushub, Bauschutt, Ziegeln, Fliesen, Keramik, Gleisschotter, Straßenaufbruch, Bitumengemische, Mineralien (Sand, Steine). Die Begrünung soll laut K+S die Verdunstung des Niederschlagwassers befördern, so dass weniger salzige Haldenwässer entstehen.Da das Konzept der K+S (wie man ihren eigenen Grafiken und Präsentationen entnehmen kann) keine wirklich wasserdichte Sanierung vorsieht, fällt auch nach Abschluss der „Abdeckung“ in ca. 25 Jahren weiterhin salzhaltiges – und dank Deponie auch andere Schadstoffe ent­haltendes – Haldenwasser an. Laut K+S „nur“ noch 50.000 – 60.000 m³/a Haldenwasser­anfall mit „sehr geringer“ Mineralisation. Dieses dann immer noch abfließende Haldenwasser soll dann laut Plan der K+S ganz offiziell zu 100% in die Fuhse eingeleitet werden. Im Übrigen wurde dieses Konzept von K+S erst Ende 2017 beim LBEG zur Genehmigung eingereicht (s.u.).

Allein, dass K+S keine wirklich wasserdichte Umschließung der Kalihalde vorsieht, sondern nur eine „Minimierung“ der salzhaltigen Haldenwässer ist technologisch gesehen ein Skandal. Für Autobahnbegrenzungen in Wasserschutzgebieten werden längst Kombinationen aus speziellen Dichtungsfolien und Tonmaterialien eingesetzt, um eine 100 % Langzeit wasserdichte Umschließ­ung zu erreichen. Offenbar rein aus Kostengründen will K+S eine längst veraltete, löcherige Abdeckung einsetzen, und „verkauft“ das als einzige Möglichkeit.
Mülldeponie statt Sanierung – was K+S und Landesregierung wirklich wollen

Was auf den ersten Blick noch einigermaßen harmlos klingen mag, ist in Wirklichkeit das Anlegen einer Problemmüll-Deponie. Denn heute ist auch im Bausektor längst Nachhaltigkeit und Wieder­verwendung angesagt. So wird z.B. „Bodenaushub“ heute nicht mehr deponiert, sondern an anderer Stelle z.B. zur Bodennivellierung verwendet. Auf eine Deponie kommt Bodenaushub nur noch, wenn er mit Schadstoffen belastet ist. Auch Gleisschotter gilt prinzipiell als Schadstoff belastet (zu über 70% enthält er krebserregende Aromaten und giftige Schwermetalle), und fällt deshalb i.d.R. in die Deponieklasse Z2 (siehe unten). Auch Bauschutt wie Beton und Ziegel können heute zu 100% recycelt werden. Recycling geht aber nicht mehr, wenn der Beton z.B. aus dem Abbau einer „untergrenzwertig“ Schadstoff belasteten Chemieanlage stammt, oder wenn er gerade unterhalb der Strahlungsgrenzwerte aus abgerissenen AKWs stammt. Auch Straßenauf­bruch und bitumenhaltige Baustoffe gehören wegen ihres Schadstoffgehalts (ebenfalls krebs­erregende Stoffe) in die Deponieklasse Z2. Da bietet sich die preisgünstige Deponierung getarnt als „Abdeckung“ einer Kalihalde geradezu an. Oder wie K+S so schön selbst formuliert: „Es handelt sich nicht um eine Deponie. Hier werden Abfälle verwertet.“ Das ist der übliche Trick, wenn die deutsche Industrie Müll preisgünstig entsorgen will. So darf z.B. Plastikmüll zwar nicht als „Müll“ aber als „Wertstoff“ ganz legal exportiert werden, denn er wird ja dann „verwertet“. Und so wird auch schadstoffhaltiger Baumüll bis zu Klasse Z2 zu harmlosem Baumaterial, wenn er als Haldenabdeckung „verwertet“ wird. Dies ist ein von der Landesregierung abgesegnetes und bereits in Sehnde „bewährtes“ Konzept, wo die Abdeckung der Halde als Z2 Deponie erfolgte. Das soll jetzt offenbar auf Wathlingen übertragen werden.

Wie die eindeutigen Vorschriften zur „Ver­wertung von als Abfall eingestuftem Bodenmaterial“ belegen, darf Z2-Material nur baulich ver­wertet werden, wenn es 100% wasserdicht umschlossen ist, so dass auch langzeitlich keine Ausschwemmung möglich ist. Das sieht das Abdeckungskonzept der K+S allerdings nicht vor. Und es sieht so aus, dass dies im Zusammenspiel von LBEG – unter Anwendung der Umwelt ignoranten Bergrecht-Privilegien – und der Landesregierung per „Ordre di Mufti“ auch durchgeboxt werden wird.

Zustimmung und (verspätete) Ablehnung – eine Chronologie

1996/98 werden die bei Wathlingen gelegenen Kalisalzbergwerke Niedersachsen und das damit verbundene Werk Riedel (das noch Reste und Munitionslager einer Heeresmunitionsanstalt aus der Zeit des NS enthält) endgültig stillgelegt. Damit war nach Bergrecht auch klar, dass der Betreiber K+S in den folgenden Jahren ein Konzept und einen Plan zum Rückbau bzw. Sanierung der Berg­werke und der riesigen Abraumhalde vorlegen muss.

05.2011 wird der Ausschuss für Umwelt und ländlichen Raum des Kreistags Celle vom Amt für Umwelt und ländlichen Raum des Landkreises informiert, dass K+S bis spätestens bis zum 30.09.2008 ein Konzept zur sinnvollen Nachnutzung bzw. Rekultivierung der Haldengelände beim LBEG einzureichen hatte. Dieses Konzept habe die Verwaltung am 25.11.2009 vom LBEG erhalten, ein Abschlussbetriebsplan für die Halde läge nicht vor. Die Zuständigkeit für Genehmigungen läge jedoch vollumfänglich (!) beim LBEG. Nur „im Rahmen des wasser­rechtlichen Erlaubnisverfahrens sei das Einvernehmen des Landkreises Celle herzustellen.“ (Was es mit diesem Einvernehmen auf sich hat, siehe unten!)

02.2014 Im Umweltausschuss des Kreistags erklärt der Leiter inaktive Werke bei K+S, dass seine Firma „intensivste Prüfungen einer Haldenabdeckung“ vornehme. Torsten Harms der Bürger­meister von Wathlingen spricht von „einem guten Tag für Wathlingen“. Allerdings machen schon damals Kreistagsmitglieder der GRÜNEN darauf aufmerksam, dass K+S bzgl. der Haldenab­wässer keinen transparenten Vorschlag gemacht hat. Bürgerinitiativen beginnen sich gegen das Vorhaben von K+S zu formieren.

06.2016 Der Kreistag beschließt hier verkürzt wiedergegeben: „Der Landkreis Celle und die Gemeinde Wathlingen lehnen die Einleitung von Assezutrittswässern in das Bergwerk „Niedersachsen-Riedel ab.“ Inzwischen war nämlich bekannt geworden, dass K+S Halden- und Grubenwässer aus seinen anderen Bergwerken in die Wathlinger Schächte verfüllen will.

„K+S wird aufgefordert, möglichst (!) kein belastetes Material der Klasse Z2 für die Abdeckung der Kalirückstandshalde zu nutzen.“ Damit hat der Kreistag der Haldenabdeckung in Form einer Deponie defacto zugestimmt.

„K+S wird aufgefordert, die Versalzung des Grundwassers durch Neubildung von salzhaltigen Wässern in der Kalirückstandshalde zu vermeiden (!).“ - Doch vermeiden ist etwas anderes als auszuschließen!

„K+S wird aufgefordert, die Belastung der Anwohner mit Lärm und Staub durch die Abdecktätigkeit selbst, den Anlieferverkehr, sowie den Betrieb einer Aufbereitungsanlage so gering wie möglich (!) zu halten.“ - Übrigens, was möglich ist und was gering ist, bestimmen K+S und das LBEG.

04.2017 K+S erklärt: „Deckschicht nur mit Stoffen, die nahezu (!) unbelastet sind.“ - Womit klar ist, dass belastete Materialien verwendet werden.

04.2017 Wathlingens Bürgermeister Torsten Harms sagt in der Presse: „Ich glaube (!) nicht, dass das Bergamt ein Verfahren zulässt, das die Natur und Menschen schädigt." - Doch glauben gehört in die Kirche und nicht ins Rathaus.

11.2017 reicht K+S sein Konzept als Antrag auf Genehmigung beim LBEG ein.

11.2018 K+S erklärt (hier verkürzt): „Einleitung (der Haldenwässer nach der Haldenabdeckung) in die Fuhse sei nur dann nicht erlaubt, wenn es dadurch eine Verschlechterung gebe. Da die Salzmengen aber unter den aktuellen Werten liegen werden, sei es automatisch legal.“

03.2019 Der Kreistag beschließt: „Kreistag will letztes Wort in wasserrechtlichen Fragen haben". Doch die Verwaltung des Landkreises ist nur die Untere Wasserbehörde und diese ist an Weisungen der Oberen Wasserbehörde (Landesregierung) gebunden. Da kann der Kreistag beschließen, was er will. So wurde z.B. von K+S ein Regenrückhaltebecken mit Zustimmung des LBEG gebaut, ohne das Einvernehmen mit dem Landkreis abzuwarten. Da laut Unterer Wasser­behörde „die fachlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung vorlagen“, hätte der Kreistag ohnehin zustimmen müssen.

05.2019 Ein dreitägiger „Erörterungstermin“ in der Congress Union Celle zwischen LBEG, Behörden, Kommunen, Naturschutzverbänden, Bürgerinitiativen und K+S brachte keine Änderung am Vorhaben. Interessant ist die Erklärung von K+S, dass es keine wirtschaftlichen Alternativen zu ihrem Konzept gäbe. Das mag wahr sein. Doch ein Rückbau oder eine Sanierung ist nie wirt­schaftlich, sondern sie kosten immer viel Geld. Dafür hätte K+S eben zu Zeiten guter Geschäfte mit seinem Bergwerk Wathlingen ausreichend Rücklagen bilden müssen, statt üppige Gewinn-Ausschüttungen an seine Aktionäre zu machen.

06.2019 Das LBEG genehmigt den vorzeitigen Beginn des Baus einer Bauschutt-Recycling Anlage mit Sofortvollzug. Gleichzeitig gibt die LBEG eine Prognose ab, dass die Haldenabdeckung - wie von K+S beantragt - genehmigt wird. Die fehlende wasserrechtliche Zustimmung des Landkreises spiele dabei keine Rolle.

08.2019 Die Wathlinger CDU will „keinen Einfluss auf das Genehmigungsverfahren nehmen, sondern einem Dialog unter den Bürgern anstoßen“ und stellt fest: „Mit kühlem Kopf (gesehen) ist das Projekt nicht mehr aufzuhalten.“

01.2020 Die GRÜNEN stellen im Kreistag einen Antrag auf Prüfung von Umweltverträglichkeit, Artenschutz etc. Nach dem Motto, wenn gar nichts mehr hilft, muss die Fledermaus her. (Was hier nicht als Kritik an den GRÜNEN gemeint ist! Sondern es illustriert den Wahnsinn, dass viel gewichtigere Argumente als die Fledermaus anscheinend nicht zählen).

02.2020 Die GRÜNEN stellen im Landtag den Antrag, Haldenabdeckungen mit Bauschutt prinzipiell zu verbieten, da sie eine Salzaussickerung nicht verhinderten. Der Antrag wird vom Landtag abgelehnt.

05.2020 K+S leugnete jahrelang, dass es plane, Haldenwässer aus anderen Salzbergwerken per LKW nach Wathlingen zu fahren und damit die Schächte aufzufüllen. K+S erklärt, das LBEG erlaube nun ab 2021 pro Jahr 160.000 t dieser Wässer per LKW anzuliefern.

06.2020 erklärte das LBEG, dass es diese Genehmigung (noch?) nicht gebe.

06.2020 Die schon seit Jahren gegen das K+S Projekt aktive Bürgerinitiative Wathlingen präsentiert im Umweltausschuss des Kreistags ein geologisches Gutachten. Es zeigt, dass die Kalihalde aufgrund ihres Eigengewichts mit großer Sicherheit bereits auf Grundwasserhöhe ein­gesunken ist, so dass je nach Grundwasserstand die Salze der Halde das Grundwasser bereits direkt verunreinigen können. D.h. für eine echte Sanierung müsste die Halde evtl. völlig abge­tragen und umgelagert werden, entweder auf eine nach unten völlig dichte Platte oder zurück in die alten Bergwerksschächte und Stollen. Wozu die Experten von K+S und LBEG (wahrscheinlich sachlich richtig) erklären, dass das noch verfügbare Volumen der alten Schächte und Stollen dafür nicht ausreichen würde. Was u.a. daran liegt, dass K+S mit der Flutung des Bergwerks begonnen hatte, bevor die Sanierung der Halde geklärt war.

06.2020 Das LBEG macht in einer Präsentation vor dem Umweltausschuss des Kreistags klar: Nicht der Landkreis und seine Fachbehörden seien für die Genehmigung zuständig, sondern das LBEG im "Einvernehmen" mit dem LK. Für die Genehmigung des Gesamtkonzept sei laut Bergrecht nur eine Plausibilitätsprüfung nötig. D.h. für die Haldenabdeckung und Ein­leitung der Sickerwässer aus der abgedeckten Halde sei keine (!) Erlaubnis erforderlich. Nur für den Rest (was immer das noch ist) sei ein Planfeststellungsverfahren, eine Umweltverträg­lichkeitsprüfung und Beteiligung der Öffentlichkeit nötig.

06.2020 Der Kreistag verweigert das wasserrechtliche Einvernehmen bzgl. des (längst erledigten) Baus des Wasserrückhaltebeckens. Landrat Wiswe macht darauf aufmerksam, dass dieser Beschluss des Kreistags rechtswidrig sei, da die Landkreis-Verwaltung als Untere Wasser­behörde die fachlichen Voraussetzungen für die Genehmigung als gegeben sehe. Im Übrigen könne das Landesministerium das fehlende Einvernehmen durch einen eigenen Beschluss ersetzen. Zum Beispiel habe in Hildesheim 2018 der Kreistag das Einvernehmen für die Wieder­inbetriebnahme des Kaliwerks verweigert, worauf der dortige Landrat auf Ministererlass das Einvernehmen erteilen musste.

07.2020 Seit Juni werden täglich bis zu 300 Tonnen (20 Lastwagen pro Tag) handelsüblicher Ton aus Hildesheim nach Wathlingen gebracht. Das heißt, K+S beginnt mit den Arbeiten zur Halden­abdeckung, bevor überhaupt das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen und die Genehmigung vom LBEG erteilt ist. Bürgermeister Harms fällt vom Glauben ab und erklärt: „Die von K+S machen hier, was sie wollen. Da werde ich krawallig.“

Gemeinde will Grundstücke verweigern

Die Gemeinde Wathlingen meint, noch einen Trumpf in der Hand zu halten: K+S braucht für seine „Haldenabdeckung“ Grundstücke der Gemeinde, die diese verweigert. Eine Enteignung sei zwar möglich, aber schwierig, da laut Bundesgerichtshof diese nicht im privatwirtschaftlichen, sondern im öffentlichen Interesse liegen muss. Aber wie das LBEG immer wieder so schön formuliert, „die Abdeckung ist im öffentlichen und (!) privatwirtschaftlichen Interesse.“ Richtig daran ist: Dass jährlich 70 Mio. Liter Haldenwässer abfließen, ist ein Zustand, dessen Abstellung tatsächlich im öffentlichen Interesse ist. Die Lüge ist, dass es öffentliches Interesse ist, dass dies mit einer „löcherigen“ Abdeckung in Kombination mit einer Bauschuttdeponie erfolgen muss.

K+S hat gar kein Geld für ordentliche Sanierung seiner Halden!

Seit vielen Jahrzehnten bauen K+S und seine Vorgängerfirmen Salzlagerstätten ab, um daraus Kalisalze und daneben auch Magnesiumsalze vor allem für die Düngemittelproduktion zu gewinnen. Daneben spielen auch noch andere Salze für die Industrie oder z.B. als Streusalz eine gewisse Rolle. Die K+S entstand in heutiger Form als Aktiengesellschaft 1972. Da es für Kalisalze weltweit nur eine begrenzte Anzahl von Förderstätten gibt und Kali als Dünger für die Landwirt­schaft weltweit unverzichtbar ist, war das über Jahrzehnte ein ziemlich lukratives Geschäft. So konnte K+S trotz temporärer Flauten und Einbrüche das Geschäft immer weiter expandieren. Für diese Expansion war auch die Übernahme der Kaliwerke der ehemaligen DDR in den 1990er Jahren sehr wichtig. Als K+S bis 2009 mehrere Konkurrenzunternehmen in Belgien, Schweden, Niederlande, Frankreich, Chile und USA übernommen hatte, wurde der Konzern zum größten Salz­produzenten der Welt.

Doch mit dieser Expansion hatte sich K+S übernommen. Zumal es sich zeigte, dass andere große Produzenten vor allem in Kanada, Weißrussland und Russland das Kali billiger produzieren als K+S in Deutschland und Westeuropa. Um dem auszuweichen, gewinnt K+S inzwischen einen großen Teil seiner Produktion z.B. in Chile, Peru, China aber vor allem in Kanada, wo K+S zu seinen bereits bestehenden acht Werken mit dem Werk Bethune eines der größten Kalibergwerke der Welt neugebaut und 2017 in Betrieb genommen hat.
Doch durch diese vielen internationalen Investitionen und Zukäufe sind die Schulden von K+S so angestiegen, dass es 2015 zum Versuch des kanadischen Konkurrenten Potash Cooperation kam, K+S zu über­nehmen, der aber scheiterte. 2018 hat sich dann Potash Cooperation mit Agrium zum weltgrößten und sehr profitablen Düngemittel- und Kaliproduzenten Nutrien zusammengeschlossen und auf diese Weise K+S überrundet. Blickt man in die Bilanz 2019, so erzielte K+S bei einem Umsatz von 4,07 Mrd. Euro einen Jahresüberschuss („Gewinn“) von 89 Mio. bei Schulden von 3,12 Mrd. Euro.

Die Rück­stellungen für „bergbauliche Verpflichtungen“ betragen 911 Mio. Euro. Das erscheint als große Zahl, ist aber sehr wenig, da diese 911 Mio. für Rückbau und Sanierung von 17 deutschen Bergwerken der K+S reichen müssen. In 2019 gab K+S allein für die laufenden Verpflichtungen unter dem Titel „Umweltschutz“ 308 Mio. aus. Darunter sind lächerliche 4,8 Mio. Euro für „Bodensanierung“.

Das heißt: K+S hat in Wirklichkeit gar kein Geld für eine Sanierung des Kalibergs in Wathlingen. Rein betriebswirtschaftlich gesehen, muss K+S deshalb auch mit seinen Haldensanierungen dringend Geld verdienen. 2020 verkauft nun K+S notgedrungen sein profit­ables nordamerikanisches Salzgeschäft (ohne Kanada) für 2 Mrd. Euro. Das mindert zwar die Schuldenlast, doch ein wesentlicher Gewinnbringer des Konzerns fällt weg. Um so wichtiger wird der Geschäftsbereich „Entsorgung“, der sich bei K+S seit 1992 zu dem wohl gewinnbringendsten Bereich entwickelt hat. Und was sich Untertage bereits mit der Einlagerung von Giftmüll aller Art in aufgegebene Bergwerksstollen bewährt hat, und was mit „minderbelastetem“ Bauschutt in Sehnde Übertage erfolgreich war, wird auch in Wathlingen Gewinn bringen.

Und die Landesregierung wird nichts dagegen unternehmen. Denn erstens braucht sie Mülldeponien, die bei einer Neuanlage anderswo umweltrechtlich sehr schwer durchzusetzen wären, weshalb ihr die berg­rechtlich privilegierten Alt-Bergwerke gerade recht kommen. Und zweitens will die Landesregierung eine völlige Abwanderung von K+S ins Ausland verhindern. Abgesehen von Steuerverlusten müssten dann nämlich die alten Bergwerke mit Steuergeldern saniert werden (wie es ja gerade bei Rückbau der AKWs und Endlagerung des Atommülls praktiziert wird). Wie gesagt, alles ein Lehrstück in allzu freier Marktwirtschaft …