Interview mit Horst G. Brune zu der Diskussion über die Umnutzung der Gotischen Halle

Großes Thema in der Kunstschaffendenszene sind z.Zt. die Gedankenspiele der Verwaltung zu einer Umnutzung der bis dahin seit Jahrzehnten für Gegenwartsausstellungen genutzten Gotischen Halle im Celler Schloß.
Dazu befragte revista den in Celle lebenden und arbeitenden Künstler Horst G. Brune.

??: Herr Brune, wann haben Sie von dieser Geschichte um die Gotische Halle erfahren, die ja, vorallem in Künstler*innenkreisen, mit ungläubigem Staunen aufgenommen wurde?

!!: Noch bevor die Verwaltung an die beiden Kunstvereine, den bbk und den Kunstverein, die mit ihren Ausstellungen ca. 80 % der Gotischen Halle belegen, herangetreten ist, habe ich davon aus dem Neuen Rathaus erfahren und konnte es nicht glauben, dass der Verwaltungschef seine Fürsorgepflicht gegenüber den Künstler*innen, gerade in den Zeiten der Pandemie, geradezu sträflich vernachlässigt. Mit einer Umnutzung bräche auch noch die letzte Möglichkeit weg, in dieser einzigartigen, geschichtsträchtigen Halle zwischen Hannover, Bremen und Hamburg, Gegenwartskunst zu präsentieren.

??: Wieviel Besucher*innen kommen da denn so pro Ausstellung?

!!: Also es sind immer mindestens 3000, von denen ca. 1/3 anschließend das Schloss und das Residenzmuseum besuchen. Die Leute reisen von Hamburg, Bremen und Hannover an und würden, käme es zu einer Umnutzung, höchstwahrscheinlich zuhause bleiben bzw. woanders hinfahren.

??: Haben Sie in Erfahrung bringen können, wer stattdessen in die Gotische Halle einziehen soll?

!!: Also einmal soll die Kasse fürs Residenzmuseum, die sich bislang ja gegenüber in der Gewölbehalle befindet, und die erst kürzlich in neue Räume in der Schuhstraße eingezogene Theaterkasse dort unterkommen. Und - kaum zu fassen! - die CTM, die im Alten Rathaus in der Tourist-Information sitzt, um u.a. in der Gotischen Halle einen Devotionalienshop zu betreiben.

??: Wo würde dann der Kunstverein Celle und der bbk Celle in Zukunft ausstellen?

!!: Der Vorsitzende des Kunstvereins hat schon mal in einer der letzten Ratssitzungen angekündigt, sollte es zu dieser Umnutzung bzw. Wegfall dieser Ausstellungsmöglichkeit kommen, löste sich der in ganz Deutschland bekannte Celler Kunstverein auf. Die Verwaltung hat als Alternative die extrem dunkle, klaustrophobisch anmutende Gewölbehalle angeboten.

??: Was sagen die direkt betroffenen Künstler*innen?

!!: Die sind damit überhaupt garnicht einverstanden, weil es weder einen barrierefreien Zugang gibt, noch ließen sich wegen des Gewölbes und der Raumhöhe große Werke, wie z.Zt. in der aktuellen Ausstellung „Sie befinden sich hier“ zu sehen, auf gar keinen Fall präsentieren. Die Gotische ist eben einzigartig und nicht ersetzbar, und der Gedanke, hier einen Merchandising- und Devotionalienshop einzurichten, geradezu gruselig.

??: Was wäre Ihre Vorstellung davon, wie es für alle Beteiligten konstruktiv weitergehen könnte?

!!: Offene und transparente gemeinsame Gespräche über das weitere Vorgehen, bevor, gewissermaßen als nüchterner Verwaltungsakt, einsam von oben herab entschieden wird.

??: Herr Brune, wir danken für dieses Gespräch!

Bis zum 28. November 2020 läuft in der Gotischen Halle noch die sehenswerte Ausstellung des Kunstvereins Celle „Sie befinden sich hier“ - Öffnungszeiten Di-So 12- 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.