Geschäftsführung und Aufsichtsrat kennen kein Pardon

Die Stimmung unter den AKH-Beschäftigten aus Küche, Reinigung und Logistik ist verständlicherweise gereizt.. Auf eine Kritik des DGB-Vorsitzenden Dirk Gravels hatte der Aufsichtsratsvorsitzende, Landrat Wiswe, gekontert, die Ausgliederung der tertiären Bereiche Teil eines Sanierungsprozesses sei, ohne den der Fortbestand der AKH-Gruppe in ihrer jetzigen Form bedroht sei – was man/frau als Privatisierungsdrohung interpretieren kann.

Auf die Kritik am Einsatz von Bundeswehrsoldaten, meinte Wiswe betonen zu müssen, „dass die Soldaten nicht Aufgaben der jetzt ausgegliederten Mitarbeiter übernehmen“ würden.
Dass sah ein Beschäftigter nun völlig anders und schrieb einen Leserbrief, den interessanterweise weder die CZ noch die Internet-Portale CelleHeute und Celler Presse bisher veröffentlicht haben. Diesen Leserbrief dokumentieren wir hier. Auf der Folgeseite noch ein Offener Brief von AKH-Beschäftigten vom November. Die Fotos sind von einer Aktion von ver.di-Mitgliedern, die vor dem Verwaltungsgebäude Autos geparkt hatten, auf deren Dächern mit Kommentaren versehen Pappkartons standen.(Fotos: Jürgen Elendt)

 

LESERBRIEF zum AKH

Als Mitarbeiter der Logistik des Allgemeinen Krankenhauses Celle möchte ich auf diesem Wege zur Antwort von Landrat Wiswe auf den offenen Brief des DGB Stellung nehmen. Denn offensichtlich besitzt der Aufsichtsratsvorsitzende keinerlei Kenntnis der aktuellen Lage in den Tertiärbereichen.

Wiswe spricht von einer extra entwickelten Transport-Logistik für Covid-19-Patienten. Diese existiert nicht. Es gibt lediglich Wegevorgaben über dafür vorgesehene Fahrstühle. Die beschriebenen Wege sind für jeden Mitarbeiter und Patienten frei zugänglich. Es sind ausschließlich Transporte von der Notaufnahme bei Verdacht oder Bestätigung einer Covid-Infektion für uns relevant. Diese werden fast ausschließlich von den ehemaligen AKH-Mitarbeitern zwischen den übrigen normalen Tätigkeiten ausgeführt.

In dieser Hinsicht haben wir überschaubare Mehrarbeit, welche mit unserem eigentlich normalen Bestand an Mitarbeitern problemlos zu bewältigen wäre. Ausschließlich durch die Ausgliederung und den daraus resultierenden Kündigungen und allen weiteren Folgen ist die Unterstützung der Soldaten notwendig, um den Betrieb in der Logistik aufrecht erhalten zu können. Beispielsweise war am Nachmittag des 11. Januar 2021 der Transportdienst mit 3 Soldaten und 3 Zivilisten besetzt. Dabei leisten die Soldaten die gleichen Arbeiten, wie wir ehemaligen AKH-Mitarbeiter auch. Wenn in der Antwort des Aufsichtsrates das Gegenteil behauptet wird, dann ist das schlicht falsch.

Des Weiteren spricht Herr Wiswe davon, dass die Ausgliederung ein wichtiger Bauteil zum Erreichen des Sanierungsgutachtens ist. Welche weiteren Maßnahmen wurden noch getroffen? Seit ca. 2 Jahren ist die Ausgliederung das einzige Thema, und an den wesentlichen Dingen wurde nicht gearbeitet - Entlassungsmanagement, Liegezeiten, Dokumentation, Honorarkräfte/Honorarärzte – alles unverändert schlecht.

Das Argument, dass eine große Mehrheit der Mitarbeiter die Verträge unterschrieben hat, ist reiner Hohn. Niemand von uns begrüßt die Vorgehensweise der Krankenhausleitung mit Verlust von Gehalt, Weihnachtsgeld und VBL. Ein Kollege, um die 50 Jahre alt, musste die Ausgliederung ablehnen, weil der Wegfall der Alterszusatzversorgung VBL für ihn Altersarmut bedeutet hätte. Ihm wurde gekündigt. Wir Mitarbeiter hatten also praktisch keine andere Wahl: Wir mussten die erzwungene Ausgliederung hinnehmen, da Familie, Kinder und Wohnung finanziert werden müssen.

Es gab für uns schlichtweg keine Alternative.

Aber Herr Wiswe und der Vorstand hatten Alternativen. Warum wurde immer wieder der Vorschlag eines Zukunftssicherungsvertrages übergangen? Die einzige Stellungnahme des Vorstandes auf einer Betriebsversammlung: „Wir möchten doch nicht an Ihr hart verdientes Geld.“ An unser Geld in den untersten Lohngruppen will Herr Wiswe aber schon.
Wenn Herr Wiswe dann von persönlichen Angriffen im Brief des DGB spricht, sollte er bedenken: Der eigentliche persönliche Angriff geht an jeden einzelnen Mitarbeiter der tertiären Dienste. Er droht mit einer kompletten Fremdvergabe dieser Bereiche und tritt damit uns Mitarbeiter nochmals mit Füßen.

 

Offener Brief von AKH-Beschäftigten

Wir sollen die Misswirtschaft ausbügeln

Nun melden wir uns als Mitarbeiter der Küche, Reinigung und Logistik zu Wort. Lange wurde uns geraten, zu schweigen und nicht unangenehm aufzufallen, damit wir die Verhandlungen zum Sozialplan nicht gefährden. Aus heutiger Sicht war dies ein Fehler. Ob wir etwas hätten ändern können, wissen wir nicht, aber wir hätten es versuchen und jeden Tag auf uns aufmerksam machen müssen. Denn jetzt ist der Sozialplan in Kraft getreten und das Celler Arbeitsgericht ist mit den eingereichten Klagen beschäftigt.

„Nein, ich möchte doch nicht an ihr hart verdientes Geld!“ Mit diesen Worten lehnte Herr Windmann einen Zukunftssicherungsplan für alle Beschäftigten ab. Solidarität machte sich im Hause breit. So war z.B. der Ärztliche Dienst bereit, auf die Auszahlung ihrer Überstunden zu verzichten. Jeder hätte etwas gegeben, doch das war vom Vorstand nicht gewollt. Windmann wollte lieber den Geringverdienern das Geld nehmen.

Wir wussten nicht, was auf uns zukommen wird. Ängste und Sorgen machten sich breit. Lange Zeit wusste niemand aus unseren Bereichen wie es weitergeht, denn die Informationen des Arbeitgebers waren spärlich. So mussten wir viel aus der Zeitung erfahren. Kollegen, die Freunde, Nachbarn oder Vereinskameraden aus der Celler Politik haben, konnten uns mit weiteren Informationen versorgen. Viele dieser Informationen machten uns fassungslos.

So wissen wir, dass aus mehreren Gutachten hervorgeht, dass ein Outsourcing der Wirtschaftsbereiche wirtschaftlich nicht notwendig oder gar sinnvoll ist, da der Arbeitgeber nicht den gesetzlichen Mindestlohn zahlt, sondern nach Tarif. Auch Beraterfirmen, die dem Krankenhaus Millionen kosteten, rieten absolut von einem Outsourcing ab!

Dem Aufsichtsrat sind die Mitarbeiter egal. Er möchte Zahlen haben. Herr Wiswe lobte die Mitarbeiter aus unseren Bereichen für die erbrachte Arbeit. Im selben Atemzug teilten Windmann und Wiswe mit, dass wir für unsere Arbeit zu viel Geld verdienen würden. Eine schlimmere Ohrfeige kann es nicht geben!

Immer wieder hat der Vorstand auf Betriebsversammlungen berichtet, dass es offene Forderungen gegenüber der Krankenkasse gibt. Es wird lückenhaft, fehlerhaft oder gar nicht dokumentiert. Es wird zu viel geröntgt, die Liegedauer der Patienten ist zu lang usw. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Es werden Tag für Tag unzählige Honorarkräfte beschäftigt. Das Geld wird weiterhin mit vollen Händen zum Fenster heraus geschmissen und wir, die schon das geringste Einkommen haben, sollen diese Misswirtschaft ausbügeln.

Einige Mitarbeiter haben sich nach der Ankündigung des Outsourcings dazu entschlossen, das AKH zu verlassen, ohne zu wissen, was der Sozialplan bringen wird. Der Sozialplan bringt erhebliche Einbußen.

Immer wieder ist zu hören, dass es in den nächsten 5 Jahren zu jährlichen Lohnsenkungen von 8% kommen wird. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn wir bekommen auch kein Weihnachtsgeld, sowie alle weiteren Sonderzahlungen, die aus dem Tarif des öffentlichen Dienstes hervorgehen. Zudem sind wir auch nicht mehr in der VBL, eine Betriebsrente für den öffentlichen Dienst.

Für 2021 ist der Arbeitgeber bereit eine Einmalzahlung von 500 Euro zu leisten. Für 2022 dann noch einmal 250 Euro. Was sich aber nicht ändern wird, ist die Menge der Arbeit. Wir werden das Gleiche tun.

Einige Mitarbeiter werden diesen Weg nicht mitgehen. Der Arbeitgeber schreibt in der CZ, dass es ab dem 01.01.2021 zu keinen Personalengpässen kommen wird, da man das fehlende Personal mit Leiharbeitern aufstocken wird. Woher kommt das Geld, um diese Mitarbeiter zu bezahlen?

Auch ein Abteilungsleiter wird diesen Weg nicht mitgehen und das Haus ebenfalls verlassen. Was dies mit der Abteilung machen wird, ist noch unklar und abzuwarten. Werden weitere folgen?

Vor einigen Jahren fühlten wir uns noch wertgeschätzt und Lob klang ehrlich. Heute ist es einfach Heuchelei.