Kreis steckt den Kopf in den Sand

Nur gut 100 Interessierte hat bisher die bei youtube eingestellte Online-Sprechstunde zum Teilgebiet 045 gefunden, also dem im Raum Wolthausen/Meißendorf gelegenen möglichen Standort für ein Atommüll-Endlager. Woran dies liegen mag, zeigt Jochen Stay in seinem Artikel „Das große Nebelwerfen“ auf der nächsten Seite auf. Hier wollen wir uns kurz mit der „Sprechstunde“ und der kommunalpolitischen Resonanz befassen.

Die geo-wissenschaftliche Bewertung des Salzstocks „Wolthausen-Meißendorf“ hat einen Knackpunkt. Darauf haben wir in unserer letzten Ausgabe hingewiesen und dies als Frage für die „Sprechstunde“ formuliert:

In der „zusammenfassenden Bewertung“ des Zwischenberichts ist zu lesen: „Alle Indikatoren des „Kriteriums zur Bewertung des Schutzes des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs durch das Deckgebirge“ wurden [...] mit „ungünstig“ bewertet. Im Rahmen der Unsicherheiten der Modellhorizonttiefen und aufgrund der in Relation zur Flä­che des identifizierten Gebiets begrenzten betroffenen Fläche wird die Bewertung des Abstands zur Quartärbasis und des Abstands zur Geländeoberkante mit „ungünstig“ geringer gewichtet. Somit ist dennoch damit zu rechnen, dass ein geeigneter einschlusswirksamer Gebirgsbereich gefunden werden kann.“ Können Sie bitte das "dennoch" erklären?

Eine Antwort gab es anschließend auch per Email:

„Im Rahmen der Anwendung der geologischen Abwägungskriterien erfolgte keine Klassifizierung innerhalb der identifizierten Gebiete in „günstige“, „weniger günstige“ oder „ungünstige“ Bereiche. Jedes identifizierte Gebiet wurde durch die geowissenschaftlichen Abwägungskriterien im Ganzen bewertet. Ist ein Indikator oder ein Kriterium also in einer kleinen Fläche innerhalb eines größeren identifizierten Gebietes als ungünstig zu bewerten, so gilt diese Bewertung für das gesamte Gebiet. So war es auch im vorliegenden Fall. Die betroffene Fläche im identifizierten Gebiet, die zur Bewertung „ungünstig“ geführt hat, ist vergleichbar klein. Auf Grund der kleinen Fläche wurde die ungünstige Bewertung in der Abwägung gering gewichtet.

Das Teilgebiet hat eine Gesamtfläche von 59 Quadratkilometern. Diese ist deutlich größer als die für einen Endlagerstandort im Wirtsgestein Steinsalz benötigte Fläche. Deshalb ist „dennoch“ (also trotz der Fläche, die als ungünstig zu bewerten ist) davon auszugehen, dass ein geeigneter einschlusswirksamer Gebirgsbereich gefunden werden kann.“

Die „ungünstige“ Bewertung des Deckgebirges darf also keineswegs zu der Hoffnung verführen, „Wolthausen-Meißendorf“ sei im nächsten Schritt schon draußen.
Den Eindruck kann aber gewinnen, wer auf angemessene Reaktionen aus der Kommunalpolitik gehofft hat. Weder Landrat Wiswe (CDU) noch Winsens Bürgermeister Oelmann (SPD) hielten es bisher für erforderlich, die Bürger*innen oder wenigstens die Kommunalpolitiker*innen über die Situation zu informieren.

Die Kreisverwaltung nutzte schließlich den Antrag der Kreistagsabgeordneten Behiye Uca (Die Linke), die die Einrichtung eines eigenen Fachausschusses einfordert. Eine Beschlussfassung darüber wurde auf die Kreistagssitzung am 10. März (!) verschoben. Dann hat die erste „Fachkonferenz Teilgebiete“ bereits stattgefunden. Einen eigenen Fachausschuss hält die Kreisverwaltung im übrigen für unnütz; Begründung:

„Abgesehen davon, dass der Kreistag in der Endlagerfrage keinerlei inhaltliche Entscheidungskompetenz hat, [...] ist für die Begleitung der Angelegenheit die Einrichtung eines gesonderten Ausschusses aus Sicht der Verwaltung nicht notwendig. Bei Bedarf könnte eine fachliche Behandlung ohne Weiteres z.B. im Umweltausschuss erfolgen. So wurden in der Vergangenheit auch ähnliche Themen zu überörtlichen Planverfahren, wie etwa zum Ausbau der Schienenstrecken (Y-Trasse) oder zum Bau der Gleichstromtrasse SuedLink ebenfalls in bestehenden Fachausschüssen behandelt.“

Wir können nur hoffen, dass eine derartige Borniertheit nicht auch zu einem „Kriterium“ bei der Standortauswahl wird.