Dirk Gerlach ist seit fünf Jahren für die Partei Die Partei im Stadtrat
??: Du bist ja sowas wie der AntiFa-Beauftragte im Rat. Lass uns über die AfD reden. Es gibt zwar einen CDU-Parteibeschluss, der die Zusammenarbeit mit der AfD untersagt, aber wir haben einige Male erleben müssen, dass sich Nigge und die CDU von der AfD zu einer Mehrheit verhelfen lassen. Und es gibt bei einigen Ratskollegen eine gewisse Distanzlosigkeit, etwa wenn Christian Ceyp in einer der letzten Ratssitzungen Trenkenschu von der AfD in einer Rede mit „mein lieber Anatoli“ anspricht. Wieso ist das so, und was sollte sich deiner Meinung nach da ändern?
!!: Grundsätzlich liegt hier das Problem in dem Wort „Zusammenarbeit“. Wenn ein Antrag (welcher und warum ist hierbei erst mal nebensächlich) gestellt wird, der seine Berechtigung hat und die AfD stimmt diesem zu bzw. nur durch deren Zustimmung kommt eine Mehrheit zustande, so ist das allein keine Zusammenarbeit, sondern ein demokratischer Prozess. Das muss man nicht mögen, aber es ist so. Wenn man sich aber mit Vertreter*innen der AfD zu gemeinsamen Vorgehensweisen verabredet, so ist dies etwas anderes.
Dass es zwischen der CDU und der FDP gegenüber der AfD mehr Schnittmengen gibt, als dies seitens anderer Fraktionen festzustellen ist, verwundert nicht. Allerdings muss man auch sehr deutlich sagen, dass sich die Kommunalpolitik der AfD sehr von der Landes-/ bzw. Bundespolitik der AfD unterscheidet. Dies hängt mit der direkten Sachverbundenheit innerhalb konkreter Aufgabenstellungen zusammen (z.B. Straßenbaubeiträge, Feuerwehr, Stadtentwicklung usw). Dabei versucht die AfD in Celle zwar des Öfteren auf allzu polemische Weise, den großen Bogen zur Flüchtlings-/ Europa- / oder Coronapolitik der Bundesregierung zu spannen, doch das wirkt meist unbeholfen und peinlich. Da ist es nahezu ein Segen, dass man das sauertöpfische Gemurmel ihres Vorsitzenden Anatoli Trenkenschu, bei den Ratssitzungen nicht versteht. Zum anschließenden Lesen seiner Beiträge in den Protokollen ist man gottseidank nicht verpflichtet.
Dennoch ist die AfD in rein sachlichen Fragen zumindest zu respektieren und deren Argumente anzuhören – kategorisch alles abzulehnen, was von deren Seite kommt oder es auszuschlagen, sich ggf. durch deren Zustimmung zu einer Mehrheit verhelfen zu lassen, halte ich für falsch. Doch bleibt die Frage berechtigt, inwieweit hier eine Infiltration bzw. ein Einsickern deren Gedankengut in die Kreise der sog. „Mitte“ vollzogen wird und diese dadurch immer weiter nach rechts abwandert. Es ist zu hoffen, dass ein Mitglieder*innenschwund bei der AfD letztlich dazu führt, dass diese die Politik ganz bleiben lassen, oder sich in gemäßigterem Ton innerhalb der ihnen ansonsten noch nahestehenden Parteien eingliedern. Ganz raus aus den Köpfen wird man deren Einstellungen jedoch leider so schnell nicht bekommen.
??: Nebenbei machst du dich ja auch als eine Art Social-Media-Wachhund zum Lieblingsfeind der Volksgemeinschaft. Wie gehst du mit den Anfeindungen um, die daraus resultieren?
!!: Anfeindungen aus dem rechten Spektrum sehe ich immer als Honorierung meiner Arbeit. Öffentliche Anfeindungen in den sozialen Medien sagen meist mehr über deren Verfasser*innen aus, als über mich. Es ist auf erschreckende Weise belustigend zuzusehen, wie diese sich in ihrer schier jämmerlichen Ausdrucksweise und ihrer Argumentationslosigkeit ans Licht der Öffentlichkeit wagen und ernsthaft annehmen, irgendjemand fände ihre „Meinung“ wichtig. Direkte Hass-/Drohmails habe ich tatsächlich nur ein einziges Mal bisher erhalten. Ich würde jede Drohung auch sofort öffentlich machen und zur Anzeige bringen.
??: Hast du eine Idee, was die Aufgabe der Stadt sein könnte, präventiv gegen Alltagsrassismus vorzugehen?
!!: Dies müsste insbesondere mit den Betreiber*innen der Geschäfte in der Innenstadt koordiniert abgestimmt werden. Hierfür bedürfte es einer gezielten Medienkampagne, die dann auch konsequent umgesetzt würde. Unter einem Slogan wie „Kein Platz für Rassismus“ müsste es jedem/r Händler*in möglich sein, Kund*innen des Hauses zu verweisen, wenn diese in irgendeiner Form auffällig würden. Auch in die Vereine und sämtl. Organisationen, wo Menschen zusammenfinden, müsste diese Kampagne hineingetragen werden. Ein/e Koordinationsmitarbeiter*in einzig und allein hierfür wäre jedoch unabdingbar. Dass eine Frau McDowell oder gar ein Herr Dr. Nigge solche Konzepte ablehnen ist, geradezu selbstverständlich.
??: Zum Abschluss noch eine kulturpolitische Frage: Was ist von Führungskräften zu halten, die sich ein „Gemälde“ ins Büro hängen, auf dem Falco dargestellt ist?
!!: Sie sollten die Finger von Drogen lassen und keine umweltschädlichen Autos fahren.