Nach der Trennung von der SPD gibt es einen neuen Player: Zukunft Celle
??: Ihr seid ja ziemlich frisch am Start. Deshalb mal eine allgemeinere Frage zu Beginn: Was unterscheidet euch eigentlich vom „Angebot“ der SPD und Bündnis ‘90/Die Grünen?
!!: Es stimmt, es gibt mit der SPD und dem Bündnis '90/Die Grünen mehr inhaltliche Überschneidungen als mit den anderen Parteien und Gruppen im Rat. Wenn jedoch die allgemein-politischen Grundsätze in konkrete kommunalpolitische Positionierungen und Handlungen umgesetzt werden, treten die Unterschiede deutlicher zutage. Um es an ein paar Beispielen zu verdeutlichen:
Wir stehen schulpolitisch klar für kleinere Grundschulen und kurze Wege zur Schule (kurze Beine - kurze Wege). Da haben sich die Grünen anders positioniert. Wir haben uns für den Erhalt der Altstädter Schule ausgesprochen und nach der grün-schwarzen Entscheidung für die Zusammenlegung der Altstädter mit der Blumläger Schule für eine Änderung der Schulbezirke, um zu vermeiden, dass Grundschulkinder lange Wege zurückzulegen haben. Diese schwarz-grüne Entscheidung hat natürlich auch umweltrelevante Auswirkungen. Denn nun werden wahrscheinlich die Elterntaxen im Innenstadtbereich zunehmen wie auch die Busverkehre. In die Altstädter Schule zieht die Sprachheilschule mit über 30 Schulbussen.
Zum von den Grünen und der SPD favorisierten und unterstützten Abriss der Nordwall-Halle haben wir eine andere Position. Wir setzten uns für den Erhalt der Halle aus städtebaulichen, architektonischen und klimapolitischen Gründen ein. Die Bausubstanz war in Ordnung und Sanierung ist weniger CO2-lastig als Abriss und Neubau (so genannte „graue Energie“). Wir bevorzugen eine Sanierung im Bestand statt Abriss und Neubau.
Wir betrachten das Allgemeine Krankenhaus (AKH) als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge und haben uns gegen Rückzug der Stadt aus der Verantwortung ausgesprochen. Die Grünen haben mit der CDU anders abgestimmt.
Wir bekennen uns eindeutig zum Celler Haesler-Erbe, zu Celles Verantwortung und haben deshalb auch den Verkauf der Altstädter Schule an den Landkreis nicht befürwortet. Die Grünen stimmten dafür.
Wir hatten schon vor einem Jahr vorgeschlagen, einen Sozialfonds für durch unverschuldet durch Corona in Not geratene Kunstschaffende, (Solo)-Selbständige und Kleinstunternehmer aufzulegen. Er wurde von der SPD zusammen mit der CDU abgelehnt.
Genauso war es mit unserem Antrag im letzten Jahr, FFP2-Masken der vulnerablen Bevölkerungsgruppe pro-aktiv zur Verfügung zu stellen.
Die SPD hat beispielsweise dem Celler Haushalt mit allen Sozialstreichungen zugestimmt. Damit einer Streichung zielgerichteter Sozialraumpolitik, Schließung vom Jugendclub, Stadtteilbüro, vom Café Amboss und der Jugendwerkstatt. Keine Projekte wie Leben und Lernen, Schüler helfen Schüler und ... und ... und. Zwar haben sie Anträge gestellt und sich einen sozialen Anstrich gegeben. Jedoch dem sozial unausgewogenen Haushalt mit all den Streichungen gaben sie ihre Stimmen.
Die SPD hat im Ortsrat auch der Änderung der Schulbezirke zugestimmt und damit für Schulwege für Kinder von über zwei Kilometern. Sie unterstütze die CDU in der Ablehnung von Luftfiltern in den Schulen.
Wir haben uns von Anfang an eindeutig und unmissverständlich für den Erhalt des Kollerschen Waldes eingesetzt - im Gegensatz zu den anderen Parteien.
Wir könnten die Punkte weiter ausführen, die uns von den erwähnten Parteien unterscheiden - auch wenn die positiven Schnittmengen unzweifelhaft groß sind. Zusammenfassend kann man sagen, wir haben einen klareren, örtlich fokussierteren Kompass für eine soziale und nachhaltige Stadtpolitik, die unabhängig ist von irgendwelchen Parteiprogrammen und überörtlichen Befindlichkeiten. Wir sind vor Ort mehr verankert.
??: In der nächsten Ratsperiode steht die städtebauliche Entwicklung des ehemaligen Stadtwerke-Geländes in Neuenhäusen auf der Agenda. Was sind da Eure Vorstellungen?
!!: In dem von einem Mitglied unserer Wählergruppe mitverfassten Antrag zur Sanierung Neuenhäusens ist der Grundansatz formuliert: „Wohnen und Arbeiten nebeneinander - Jung und Alt miteinander - Vielfalt und Offenheit füreinander”. Das Stadtwerkegelände prägt den Sanierungsbereich. Das Gelände ist teilsaniert und gehört den Stadtwerken. Wahrscheinlich ist aufgrund der Bodenbelastungen eine reine Wohnbebauung mit Gartennutzung nicht möglich. Ein Nutzungskonzept, das urbanes und umweltneutrales Wohnen und Arbeiten beinhaltet, müsste darstellbar sein und wird von uns befürwortet. Angeregt wird, die ehemalige Marienstraße wieder zu errichten („Von der Kirchstraße führt ab Haus Nr. 10 ein gepflasterter Weg ab nach der städtischen Gasanstalt …“). Der angrenzende Fuhserandweg ist weiter als ökologisches Naherholungsgebiet und grüne Lunge auszubauen.
??: Es gibt in den älteren Quartieren der Stadt sehr viele seit langem leerstehende Häuser. Wie soll die Stadt Eurer Meinung nach damit umgehen?
!!: Wir sind für weniger Flächenversiegelung und mehr stadtnaher, zentrumsorientierter Entwicklung von Wohnraum, für Bestandsnutzung statt Leerstand oder Abriss. Es ist ein Zukunftsthema der hiesigen Kommunalpolitik. Besonders auch die Ertüchtigung von in den 50er, 60er Jahren errichtetem Wohnraum wird mehr Unterstützung und Förderung für einen zeitgemäßen Umbau und eine klimagerechten Sanierung notwendig machen.
??: Sehr ihr Möglichkeiten die Rolle der Ortsräte und damit indirekt auch die der Stadtteile zu stärken?
!!: Ein komplexes Thema. Grundsätzlich sind wir für eine Stärkung der Stadtteile und Ortsräte. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie zeitgemäß die gegenwärtige Aufteilung ist. Wir finden, es könnte sinnvoll sein, die Anzahl der Ortsräte zu verkleinern wie z.B. Zusammenführung von Klein Hehlen und Boye. Jedoch: Das Kommunalverfassungsgesetz setzt Grenzen der Möglichkeiten zur Ausweitung der Partizipation. Aber wir erleben auch, dass viele Ortsräte und BürgerInnen leider viele Gestaltungs- und Mitsprachemöglichkeiten nicht nutzen und Ortsräte als ein “zahnloses” Entscheidungsgremium betrachten.