Wir richten schon in dieser Ausgabe einen Fokus auf die Kommunalwahl am 12. September. Das hat einen Grund im Rhythmus unseres Erscheinens. Die nächste Ausgabe wird es erst 14 Tage vor der Wahl geben – und da haben manche unserer Leser*innen vielleicht schon per Briefwahl ihre Kreuze gemacht.
Deshalb haben wir schon jetzt jeweils vier Fragen an die Fraktionen gerichtet, die – sagen wir mal – Mitte-Links einzuordnen sind: SPD, B’90/Die Grünen, Zukunft Celle, BSG und Die Partei. Da fehlen ja die Wählergemeinschaft und Die Linke, werden einige sagen. Ja. Für die WG sind uns keine Fragen eingefallen. Die Linke werden wir in der Septemberausgabe mit Fragen zum Kreistag zu Wort kommen lassen, neben B’90/Die Grünen und der SPD.
Warum haben wir nicht auch CDU, FDP und Die Unabhängigen mit Fragen belästigt? Das liegt ein bisschen am Format. Die Antworten, die ihr auf den folgenden Seiten findet, sind erfolgt auf Fragen, die wir schriftlich an die Fraktionen bzw. Personen gerichtet haben. Wir haben das in der Hoffnung gemacht, dass wir keine Programm-Prosa bekommen. Das hat unseres Erachtens auch weitgehend geklappt. Da aber waren wir uns bei den „konservativen“ Fraktionen nicht sicher.
Möglichkeitsräume öffnen ...
Vielleicht sollten wir noch begründen, warum uns diese Wahlen überhaupt wichtig sind: Wir sehen unsere Gesellschaft vor der Notwendigkeit einer tiefgreifenden Transformation. Ob „wir“ im globalen Maßstab „unseren Beitrag“ leisten können gegen die Klimakatastrophe und für Klimagerechtigkeit, entscheidet sich am Ende über die Dynamik, die an der gesellschaftlichen Basis entwickelt werden kann – also in den Städten und Gemeinden. Das betrifft vor allem Fragen der Mobilität und der Wärme. Hier müssen alternative Angebote für die Bürger*innen konkret umgesetzt werden – und es darf nicht auf Kosten der einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten gehen.
Ein Beispiel, warum dafür wichtig ist, wer in der Kommunalpolitik die großen Linien der Politik bestimmt, bieten die Ergebnisse des letzten Fahrradklimatests des ADFC. Über eine Online-Befragung konnten Bürger*innen die Situation in ihren Städten bewerten. Unter den jeweils drei Gewinnerstädten in den vier Größenkategorien ab 50.000 Einwohner*innen gibt es in elf von zwölf Städten Mehrheiten von grün-rot-rot bzw. rot-grün-rot (plus „fortschrittliche“ Wähler*innen-Gruppen). Das ist kein Zufall, sondern spiegelt die Dialektik von stadtgesellschaftlichen Ansprüchen und Umsetzung in „der“ Politik. Das gehört zusammen. Eine engagierte Klimapolitik braucht als Bedingung ihrer Möglichkeit stetige Impulse und Unterstützung aus der Stadtgesellschaft. Aber diese Impulse laufen ins Leere (oder besser gegen eine Wand der Ignoranz), wenn sie nicht im Rat (und in der Verwaltung) auf Resonanz stoßen und sich Mehrheiten für eine Umsetzung finden.
… und vielleicht ist die Zeit reif
Kommunalpolitik in Celle war in der Bundesrepublik immer konservativ dominiert; auch Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende (SPD) war acht Jahre lang auf Arrangements mit der CDU angewiesen. Aber seitens der CDU gibt es auf vielen kommunalpolitischen Feldern nur Leerlauf. Eine Mitte-Links-Mehrheit mit den Grünen als stärkster Kraft, aber auch den kleineren Parteien und Wählergruppen als „Würze“ könnte in den zentralen Fragen – also Klimakrise und soziale Ungerechtigkeit – einen Wandel einleiten.