Für eine geschlechterbefreite Gesellschaft

Anlässlich des Internationalen Frauen*Kampftags veranstalteten unterschiedliche Initiativen und Organisationen in Celle eine Krach-Demonstration mit anschließender Kundgebung, um für Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen und für ein Leben frei von Gewalt zu demonstrieren.

Rund 85 Menschen allen Alters folgten dem Aufruf durch die feministische Organisierung "Gemeinsam Kämpfen – für Selbstbestimmung und demokratische Autonomie", das Autonome Frauenhaus Celle, der kurdische Frauenverein Hêvî - Hilfe für Frauen in Not, der Dachverband des Êzîdischen Frauenrats (SMJÊ), der Frauen-, Divers-Personen- und Kinder-Brunch der Solidarischen Initiative Neuenhäusen, LIST (Land in Sicht - Transition), GEW KV Celle, DGB KV Celle und die Linksjugend Solid Südheide.

Lautstark zog die Krach-Demonstration vom Gertrud-Schröter Platz (ehem. Thaerplatz) über den großen Plan in die Innenstadt. Auf der Kundgebung auf der Stechbahn wurde die Geschlechterungerechtigkeit in Deutschland, wie auch weltweit kritisiert.

Rednerinnen des Autonomen Frauenhauses machten darauf aufmerksam, dass Feminizide (Frauenmorde) ein Problem unserer Gesellschaft seien und gestoppt werden müssten. In einem Redebeitrag des Êzîdischen Frauenrats SMJÊ wurde auf den noch immer anhaltenden Völkermord des sogenannten Islamischen Staats an der êzîdischen Bevölkerung hingewiesen und die Forderung stark gemacht, die noch immer verschleppten Frauen und Mädchen aufzufinden und zu befreien.

Eine Rednerin von der feministischen Ortsgruppe „Gemeinsam Kämpfen“ erklärte: „Wir kämpfen mit all unserem Mut, unserer Kraft und Entschlossenheit für eine bessere – eine gerechte Welt und unseren stärksten Kampf führen wir, indem wir eine ökologische, geschlechterbefreite und basisdemokratische Gesellschaft aufbauen.“

Wir dokumentieren den Redebeitrag von Nina Assmus, Vorsitzende der Celler GEW:

Hurra!
Ach nee, doch nicht.

Hurra! Seit 101 Jahren feiern wir den Internationalen Frauentag. Und es hat sich viel getan. Aber ach nee, doch nicht: Es liegt noch vieles im Argen. Lasst uns genauer hinsehen.

Hurra! Der Equal Pay Day war schon gestern und damit das erste Mal vor dem Internationalen Frauentag.

Aber ach nee, doch nicht: Bekämen Frauen und Männer in Deutschland den gleichen Stundenlohn, dann hätten die Frauen bis gestern umsonst gearbeitet, während die Männer schon ab 1. Januar entlohnt wurden. Bezogen auf den Monatslohn heißt das:

Durchschnittlich verdienen Frauen 1192 Euro im Monat weniger als die Männer. Damit können Sie weniger für ihre Rente oder Pension vorsorgen und sind somit weitaus häufiger von Altersarmut betroffen als Männer.

Wir fordern daher einen Abbau des Gender Pay Gap!

Hurra! Es gab doch jetzt die Corona-Sonderzahlung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

Aber ach nee, doch nicht: Es fehlen in den sozialen Berufen ja weiterhin Fachkräfte an allen Ecken und Enden.

Es geht also nicht nur um eine reine Anpassung der Entgelte, sondern auch um eine gesellschaftliche und finanzielle Aufwertung der sozialen Berufe (der so genannten „Frauen-Berufe“). Im Pflegebereich, aber auch im Bildungs- und Erziehungsbereich arbeiten die Fachkräfte sowie das pädagogische Personal an der Belastungsgrenze. Dieses Jahr werden die Tarife im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst neu verhandelt. Ver.di hat daher heute zum Warnstreik in den kommunalen Kitas aufgerufen. Aber es gibt auch Ungerechtigkeiten innerhalb einer Berufsgruppe. Die GEW fordert seit langem und immer wieder laut, dass endlich schulformunabhängig der gleiche Lohn gezahlt wird. Also A13 bzw. E13 für alle, auch für die Grundschullehrerin und nicht nur für den Gymnasiallehrer.

Hurra, heute bleibt die Kita zu!

Aber ach nee, doch nicht: Auch jetzt trifft es wieder die Frauen.

Wenn die Kita zu ist, muss eben Kinderbetreuung und Home-Office nebenher parallel laufen. Und „nach zwei Jahren Pandemie zeigen erste Untersuchungen eine Rückentwicklung hin zu traditionellen Rollenbildern. Frauen tragen in allen Bereichen die Hauptlast der Versorgungsarbeit, reduzieren ihre Arbeitszeit für die Kinderbetreuung, mit nachhaltig negativen Auswirkungen auf Verdienst und Altersversorgung.“ Durchschnittlich übernehmen 80% der Frauen die unbezahlte Familien- und Sorgearbeit. Ist ja gut, dann sind sie ja eh zu Hause, wenn die Kita zu ist. Sie bleiben aber damit auch ihr Leben lang finanziell abhängig.

Wir fordern daher eine Abschaffung des Gender Care Gap – und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf!

Hurra! Mein Mann hilft aber im Haushalt.

Aber ach nee, doch nicht: Auch in Haushalten ohne Kinder bringen Frauen ein Drittel mehr Zeit für Haushalt und Pflege auf.

Frauke Gützkow (GEW Bundesvorstand) dazu: „Frauen wollen teilen. Deshalb: Männer, übernehmt mehr von der unbezahlten Haus- und Familienarbeit!“

Wir fordern daher: Unbezahlte Haus- und Sorgearbeit als Normalfall für alle Geschlechter vorantreiben!

Und dann: Hurra, Frieden! Wie unglaublich gerne hätte ich das heute verkündet.

Aber ach nee, noch lange ist kein Ende des Krieges in Sicht. Krieg in der Ukraine, gefühlt vor der Haustür. Krieg in Syrien. Krieg bedeutet immer auch Leid für Frauen und Kinder. Mehr Waffen heißt vor allem: Mehr tote Zivilist*innen. Mehr Frauen, die mit ihren Kindern ihre Heimat verlassen müssen. Nicht nur jetzt, sondern immer müssen Grenzen geöffnet werden. Müssen Fluchtursachen bekämpft werden. Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine und allen Menschen, die vor Krieg, Hunger und Gewalt fliehen. Überall auf der Welt.

Hurra, der Frauentag ist ein Feiertag.

Ach nee, hier in Niedersachsen doch nicht.

Aber das macht nichts: Jeden Tag ist Frauentag.

Und jeden Tag kämpfen wir gemeinsam für eine geschlechtergerechte, offene und vielfältige Gesellschaft!
Jeden Tag kämpfen wir gemeinsam für ein friedliches, gewaltfreies Leben in Freiheit und Demokratie!

Quellen:
https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/gewerkschaftsfrauen-fordern-fortschritte-in-allen-bereichen
https://www.gew-nds.de/aktuelles/detailseite/8-maerz-2022-internationaler-frauentag