Climate Fiction wird heute ein Genre genannt, das sich literarisch auseinandersetzt mit den Auswirkungen der Klimakatastrophe. Der US-amerikanische Autor Kim Stanley Robinson hat mit „Das Ministerium für die Zukunft“ eine Art Entwicklungsroman geschrieben, der – es sei verraten – aus dystopischen Szenarien einen vielschichtigen Übergang zu einer fast utopischen Welt ausmalt.

Literarisch ist es leider nur ein auf 720 Seiten aufgepimpter Groschenroman. Trotzdem kann er zu Perspektiverweiterungen beitragen. Aber dazu später.
Was erwartet die Leser:innen an der Oberfläche? Die Rahmenhandlung führt uns in das titelgebende „Ministerium für die Zukunft“, das 2025 von der UN gegründet, seinen Sitz in Zürich hat und sich um die Rechte künftiger Generationen kümmern soll – und das heißt vor allem: Erderwärmung und Artensterben aufhalten.
Wir dürfen für die folgenden 25 Jahre die Leiterin, Mary Murphy, bei ihrer Arbeit und der ihres Teams begleiten. Dabei gehört etwa die Umgestaltung der Finanzwirtschaft von einer Wachstumstreiberin hin zu einer Unterstützerin von CO2- mindernden bzw. CO2-negativen Investitionen (wobei letztlich die VR China zum wichtigen Faktor wird).

Neben dieser Rahmenhandlung, zu der auch Murphys freundschaftliche Beziehung zu einem Überlebenden der ersten großen Hitzekatastrophe in Indien gehört, führt uns der Autor an unterschiedliche Schauplätze: Geo-Engeneering, Öko-Terrorismus, Graswurzelbewegungen, Projekte gegen das Artensterben und und und.
Deutsche Leser:innen könnte dabei überraschen, dass die immerhin ökonomisch stärkste Macht in Europa – auch entgegen unserer Selbst-Suggestion als „Vorreiter“ – bei Robinson praktisch nicht vorkommt. Wesentliche Impulse für den Wandel werden anderswo gesetzt: in Indien, China, Kalifornien und auf dem afrikanischen Kontinent. Die von deutschen Klimaschutz-Aktivist:innen manchmal vertretene These, gerade auf ein Hochtechnologieländer käme es entscheiden an, wird so relativiert.

Dass es am Ende „klappt“, ist dagegen unterschiedlichsten Faktoren zuzuschreiben, die aber doch einen gemeinsamen Kern haben – und auch das kann ein Anstoß zum Nachdenken sein: Es geht nur, indem die Ungleichheit radikal bekämpft wird – und das nicht nur abstrakt, sonder auch in persona der Träger dieses Reichtums (und der damit verbundenen Macht).

Kim Stanley Robinson: Das Ministerium für die Zukunft. Heyne Verlag 2021, 720 Seiten, ISBN 978-3-453-32170-0, 17 Euro