Verändern Repair-Cafés das Bewusstsein für die Qualität von Produkten?

Die Wanderausstellung „zusammen schrauben“, z.Zt. im Bomann-Museum zu sehen, und zwar im dortigen „Bauernhaus“ (dies hatte Wilhelm Bomann, Gründer des Museums , einbauen lassen, um den Besucher:innen das Leben der Menschen in den Heidedörfern anschaulich darzustellen), informiert beim Betreten zunächst einmal über die Entstehungsgeschichte dieses Projekts, um dann an verschiedenen Stationen zu Themen wie z.B. „Lieblingswerkzeuge“, „Emotionale Beziehungen zu Dingen“ herangeführt zu werden.

Übrigens ein perfekter Ort für diese Ausstellung, waren doch die Bewohner:innen dieser Häuser, in denen sich ihr ganzes Leben abspielte - alle unter einem Dach einschließlich der Tiere - in hohem Maße darauf angewiesen, ihr Werkzeug, die alltäglichen Gebrauchsgegenstände, die landwirtschaftlichen Geräte immer gut in Schuss zu halten, zu reparieren, bei Reparaturen zu improvisieren: Denn hier ging es ums Überleben. - Und kein OBI weit und breit, bei dem sie sich mal eben z.B. eine neue Sense hätten kaufen können.

Es werden immer mehr, die Menschen, die in Zeiten der Massenproduktion und Keine-Zeit-Habens sich mit anderen zusammensetzen, fachsimpeln, defekte Alltagsdinge auseinandernehmen, ihrer Funktionsweise auf den Grund gehen, um sie dann mit diesem Wissen wieder funktionstüchtig zusammensetzen. All das am besten bei Kaffee und Kuchen.

Zusammengetan haben sich für dieses transdiziplinäre Projekt das Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin (ZTG), der Verbund offener Werkstätten e.V. (VOW), der BUND Berlin und das Institut für Sozialinnovation e.V. (Isinova).

Es soll der Annahme auf den Grund gegangen werden, dass „das in den immer zahlreicher entstehenden Repair-Cafés, offenen Werkstätten und Maker Spaces vorhandene Potential tatsächlich ein verändertes Bewusstsein für die Qualität von Produkten und die Autonomie von Konsument*innen im Produktionsprozess fördert, und ob diese Veränderungen mit der Aneignung von Praktiken des Reparierens und Selbermachens überhaupt eintreten und erfolgreich in den Alltag integriert werden, ist nämlich kaum erforscht.

Da die in der Sozialforschung üblichen Methoden wie Interviews oder Fragebögen schnell an ihre Grenzen stoßen, galt es, eine Methode zu entwickeln, die es den Selbermacher*innen und Reparierer*innen ermöglicht, über ihre Gefühle und Gedanken, aber auch ihre Routinen und unbewussten Prozesse nachzudenken und sie auszudrücken.“ (aus Texttafel i.d.Ausstellung)

Eine dieser Methoden ist die Entwicklung des „Erzählkoffers“: Er umfasst 16 verschiedene kreative Aufgaben und Denkspiele, die im Alltag durch Schreiben, Malen, Gestalten, Fotografieren und Erzählen bearbeitet werden. Er ist gleich an der der ersten Info-Säule zu finden. Einige der Spiele und Aufgaben sind in der Ausstellung aufgebaut und laden zum Mitmachen ein, wie an der Station, an der es um unsere emotionalen Beziehungen zu Dingen geht: Wie nehme ich z.B. Abschied von meiner Lieblingstasse, aus der ich die letzten 35 Jahre täglich getrunken habe und die nun auf dem Fußboden zerschellt ist? Hilft eine Traueranzeige?

Hier steht auch ein Toaster, der einem seine ganze Geschichte erzählt, für wieviel Generationen er schon tätig war, wie weit er in der Welt rumgekommen ist, und überhaupt, wie's ihm so geht.

Und: Wie wichtig ist das richtige Werkzeug?

Zwei Stationen sind Hörstationen: Hier sind Kopfhörer bzw. QR-Codes angebracht, mit denen sich die Texte und kleine Geschichten von Teilnehmer:innen direkt vor Ort auf das Smartphone herunterladen und anhören lassen (hier ein Beispiel: https://www.sujet.de/index.php/zusammenschrauben-ton-3.html).

Besonders gut ist es den Ausstellungsmachern gelungen, Kindern und Jugendlichen (aber natürlich auch Erwachsenen )Möglichkeiten zu bieten, sich aktiv zu beteiligen und vor allem, in mancherlei Hinsicht auch was über sich selbst zu erfahren.

Also, nicht von den vielen Texttafeln abschrecken lassen, sondern sich voll hineinbegeben, das Allermeiste erklärt sich von selbst und macht großen Spaß.
Im Bomann-Museum noch bis zum 15. Mai; Eintritt frei am Samstag, den 26. März und 30. April.