Rede von Reinhard Rohde auf der Kundgebung „Energiepreise deckeln“

Auf der von der Partei Die Linke durchgeführten Kundgebung unter dem Motto „Essen-Energie-Entlastung Nr. 1 - Energiepreise deckeln“ hielt das Kreistagsmitglied Reinhard Rohde am 01.10. folgende Rede:

Ich habe eine gute Nachricht für euch: Der Kapitalismus ist am Ende. Aber ich habe auch eine schlechte Nachricht für euch:

Nirgendwo in den industrialisierten Ländern haben wir aktuell einen Hebel dafür, ihn auch zu beenden. Wir sitzen – mal ein apokalyptisches Bild – in einem Schnellzug, der auf den Abgrund zurast. Und wir finden einfach die Notbremse nicht.

Hier und heute müssen wir deshalb zwei Aspekte zusammen denken: Wir müssen reden über das Ende des Monats und über das Ende der Welt.
Beginnen wir mit dem Ende des Monats, denn deshalb sind wir heute hier. Wenn sich die Leute wünschen, dass der Monat doch nur 20 Tage hätte, dann bedeutet das ja nicht nur materielle Einschränkungen. Es heißt auch, dass alle Unbeschwertheit aus dem Leben verschwunden ist und Angst zum dominierenden Gefühl wird.

Das müssen die Menschen begreifen, die sich vor einer Woche am Klimastreik beteiligt haben. Und was müssen wir begreifen, die heute hier für soziale Gerechtigkeit stehen? Wir müssen begreifen, dass es immer auch um das Ende der Welt geht. Das lässt sich nicht verhindern mit Waschlappen und Duschen nach der Stoppuhr. Es ist leider gravierender: Unsere Art zu produzieren und zu konsumieren zerstört die Lebensgrundlagen für Menschen und vieles andere. Wir müssen das zusammen denken und wir müssen gemeinsam handeln.

Zu dieser doppelten Gerechtigkeitsfrage gibt es aufschlussreiche Zahlen: 10 Prozent der Weltbevölkerung besitzen etwa Dreiviertel des gesamten Vermögens. Diese 10 Prozent sind gleichzeitig für 50 Prozent der Treibhausgase durch ihren Lebensstil verantwortlich.

Gestern wurde in der Celleschen der Börsengang von Porsche kommentiert: „Alle namhaften Ökonomen gehen davon aus, dass die Zahl der Reichen weltweit weiter steigen wird. Diese Menschen müssen irgendwie ihr Geld ausgeben. Bei Porsche stimmt die Image-Mischung: Zum Luxus kommt der Rennsportmythos und die avancierte Technologie.“

Noch eine andere Zahl: Während die ärmsten 50 Prozent der Bevölkerungen in den wohlhabenden Ländern die von diesen Ländern gesetzten Klimaziele bereits mehr oder weniger einhalten, ist dies bei der einkommensstärkeren Hälfte der Bevölkerung nicht der Fall.

Polemisch gesprochen: Die sofortige Stilllegung der Reichen hätte rechnerisch einen größeren Klimaschutzeffekt als die Stilllegung der Kohlekraftwerke.

Die Profiteure des Kapitalismus sind unsere Totengräber. Das muss ein Ende haben. Wir müssen für Umverteilung kämpfen.
Niemand von uns will eine Luxusyacht, niemand von uns will eine Villa am See und niemand von uns will endlos durch die Welt jetten.

Was wir wollen, ist die Chance auf ein glückendes Leben für uns und unsere Kinder – und am Besten auch für alle Menschen auf diesem Planeten.
Eigentlich wissen wir, dass der Kapitalismus mit seinen Bullshit-Jobs, mit seiner Konkurrenz, mit all dem Rassismus und Sexismus, der immer noch seine Grundlage ist … dass der Kapitalismus weg muss.

Ein letzter Gedanke. Christian Lindner spricht vom Energiekrieg. Es ist aber nicht nur ein Energiekrieg, es ist ein Wirtschaftskrieg. Nur: Die Profiteure sitzen aktuell nicht in Moskau.

„Exxon hat dieses Jahr mehr Geld verdient als Gott“, so der US-amerikanischen Präsident Biden. Gut 62 Milliarden Dollar verdienten die fünf größten westlichen Ölkonzerne allein im zweiten Quartal.

Beim Gas ist es so – nur ein Beispiel: Der Nettogewinn des norwegischen Energieriesen Equinor hat sich zuletzt verdreifacht. Für das zweite Quartal meldete der Konzern einen Gewinn von mehr als 6,6 Milliarden Euro - gegenüber 1,9 Milliarden Euro im Vorjahresquartal.

In diesem Wirtschaftskrieg hat Deutschland gerade das Pech, auf der Verliererbank zu sitzen. Und das 200 Milliarden-Paket soll dazu beitrage, das zu drehen – auch gegen die europäische Konkurrenz.

Ein Weg, die Energiewirtschaft in Deutschland sowohl ökologisch gerecht als auch sozial gerecht, wäre die Vergesellschaftung der Energiekonzerne. Strom und Wärme müssen dazu da sein, die Bedürfnisse von Menschen zu befriedigen und nicht, um Profite zu erzielen.