Der Celler Stadtrat hatte schon immer ein Faible für Militarismus. Nun war es mal wieder soweit: Mit dem Recht „Freedom of the City“ wurde im Mai das derzeit in Celle stationierte „2nd Battalion The Royal Anglian Regiment“ geehrt. Damit verbunden das „Privileg und die Ehre, zu allen zeremoniellen Anlässen mit Trommelschlag, aufgesetzten Bajonetten, klingendem Spiel und wehenden Fahnen durch die Stadt Celle zu marschieren“ – so heißt es im Beschlussvorschlag der Verwaltungsspitze. Mit dieser Auszeichnung solle, so die Begründung, die enge freundschaftliche Verbundenheit zwischen der hier stationierten britischen Einheit und der Stadt Celle zum Ausdruck gebracht werden. Und: „Weiterhin soll im Einklang mit dem Brauch der Garnisonstädte und der historischen Bindungen zum Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland der Beitrag der britischen Soldaten zum Erhalt des Friedens in Europa und der Welt gewürdigt werden.

Es ist absolut verrückt, wie der Celler Stadtrat die Beteiligung der Einheit am Irak-Krieg als „Beitrag zum Erhalt des Friedens in der Welt“ beurteilen kann. Dieser Krieg war eine eindeutig völkerrechtswidrige Aggression. Und dies ist keine nur linksradikale Bewertung. Auch das Bundesverwaltungsgericht sah dies in einem Urteil aus dem Jahr 2005 so; im Leitsatz des Spruchs heißt es: „Gegen den am 20. März 2003 von den USA und vom Vereinigten Königreich (UK) begonnenen Krieg gegen den Irak bestanden und bestehen gravierende rechtliche Bedenken im Hinblick auf das Gewaltverbot der UN-Charta und das sonstige geltende Völkerrecht. Für den Krieg konnten sich die Regierungen der USA und des UK weder auf sie ermächtigende Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates noch auf das in Art. 51 UN-Charta gewährleistete Selbstverteidigungsrecht stützen.“ (Urteil vom 21.06.2005, 2 WD 12.04, NJW 2006, 77)

Das „2nd Battalion The Royal Anglian Regiment“ war zweimal in Basra/Irak „tätig“. Noch im Sommer wird es nach Zypern verlegt, um sich dort auf einen weiteren Einsatz in Afghanistan vorzubereiten. Danach werden die Soldaten an den Celler Standort nicht mehr zurückkehren. – Ab August haben wir dann wieder die Ehre, das „2nd Battailon The Royal Regiment of Fusiliers“ zu beherbergen. Eine Einheit dieses Regiments war bereits einmal in der Kaserne an der Hohen Wende stationiert; es bekam im Jahr 2003 das Privileg „Freedom of the City“ verliehen.

Neben der leider üblichen Verbeugung vor dem Militär spielte bei der jetzigen Verleihung auch eine Rolle, dass die britischen Konservativen im Wahlkampf den Abzug der britischen Truppen aus Deutschland als Ziel genannt hatten. Im Rathaus war man darüber wohl einigermaßen bestürzt: Es droht eine weitere Militärbrache. Trotz des Wahlsieges der Tories wird daraus – leider – so schnell nichts werden. Eine Verlegung der Truppen würde bis zu 5,5 Milliarden Euro kosten. Im übrigen gibt es in Großbritannien keinen so großen Truppenübungsplatz für Panzer wie in Bergen-Hohne.

Gegen die Verleihung des Privilegs stimmten übrigens einzig Wolf Wallat und Andreas Hauptmeyer von der Fraktion Die Linke/BSG. Wallat würdigte in seiner Rede zwar, dass die britischen Truppen dazu beigetragen hätten, Deutschland von dem Naziregime zu befreien und im Nachkriegsdeutschland demokratische Strukturen aufzubauen. Aber: „Britische Truppen haben am Krieg im Irak maßgeblich teilgenommen und sind dort weiterhin präsent, wobei klar ist, dass große Teile der deutschen Bevölkerung und damit auch die Bürgerinnen und Bürger in Celle, gegen diesen Krieg waren und sind.“ Er wies weiter darauf hin, dass die britischen Truppen auch in Gebieten agieren würden, in denen Kurden leben.

Im März 2010 mussten die „Poachers“ bei ihrer „Heimkehr-Parade“ im britischen Bedfordshire übrigens mit Protesten leben. Einige Kriegsgegner_innen hielten ihnen Plakate mit Aufschriften wie "Anglian Soldiers Go To Hell" und "Butchers of Basra". Der seinerzeitige Premierminister Gordon Brown dazu: „It is therefore disappointing that a tiny minority tried, but ultimately failed, to disrupt today's event.”

In Celle will die britische Einheit am 15. Juli von ihrem Recht Gebrauch machen. Wir würden es begrüßen, am nächsten Tag mal eine Übersetzung von Oberbürgermeister Mende in der Celleschen Zeitung zu lesen zu bekommen.